Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 16)

fester zu knüpfen. – Ja! es auf ewig zu trennen! auf ewig diese schändliche Ketten zu brechen! – Belogene Lügner! Von einem schwachen Weib überlistet! – Ihr selbst führt mir jetzt meinen Geliebten zu. Das war es ja nur was ich wollte – Hab ich ihn einmal – hab ich ihn – o dann auf immer gute Nacht abscheuliche Herrlichkeit –

Zweite Szene

Ein alter Kammerdiener des Fürsten, der ein Schmuck

kästchen trägt. Die Vorigen.

KAMMERDIENER: Seine Durchlaucht der Herzog empfehlen sich Mylady zu Gnaden, und schicken Ihnen diese Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen soeben erst aus Venedig.

LADY hat das Kästchen geöffnet und fährt erschrocken zurück: Mensch! was bezahlt dein Herzog für diese Steine?

KAMMERDIENER mit finsterm Gesicht: Sie kosten ihn keinen Heller.

LADY: Was? Bist du rasend? Nichts? – und Indem sie einen Schritt von ihm wegtritt: du wirfst mir ja einen Blick zu, als wenn du mich durchbohren wolltest – Nichts kosten ihn diese unermeßlich kostbaren Steine?

KAMMERDIENER: Gestern sind siebentausend Landskinder nach Amerika fort – Die zahlen alles.

LADY setzt den Schmuck plötzlich nieder, und geht rasch durch den Saal, nach einer Pause zum Kammerdiener: Mann, was ist dir? Ich glaube, du weinst?

KAMMERDIENER wischt sich die Augen, mit schrecklicher Stimm, alle Glieder zitternd: Edelsteine wie diese da – Ich hab auch ein paar Söhne drunter.

LADY wendet sich bebend weg, seine Hand fassend: Doch keinen Gezwungenen?

KAMMERDIENER lacht fürchterlich: O Gott – Nein – lauter Freiwillige. Es traten wohl so etliche vorlaute Bursch vor die Front heraus, und fragten den Obersten, wie teuer der Fürst das Joch Menschen verkaufe? – aber unser gnädigster Landesherr ließ alle Regimenter auf dem Paradeplatz aufmarschieren, und die Maulaffen niederschießen. Wir hörten die Büchsen knallen, sahen ihr Gehirn auf das Pflaster sprützen, und die ganze Armee schrie: Juchhe nach Amerika! –

LADY fällt mit Entsetzen in den Sofa: Gott! Gott! – Und ich hörte nichts? Und ich merkte nichts?

KAMMERDIENER: Ja gnädige Frau – warum mußtet Ihr denn mit unserm Herrn gerad auf die Bärenhatz reiten, als man den Lärmen zum Aufbruch schlug? – Die Herrlichkeit hättet Ihr doch nicht versäumen sollen, wie uns die gellenden Trommeln verkündigten, es ist Zeit, und heulende Waisen dort einen lebendigen Vater verfolgten, und hier eine wütende Mutter lief, ihr saugendes Kind an Bajonetten zu spießen, und wie man Bräutigam und Braut mit Säbelhieben auseinanderriß, und wir Graubärte verzweiflungsvoll dastanden, und den Burschen auch zuletzt die Krücken noch nachwarfen in die Neue Welt – Oh, und mitunter das polternde Wirbelschlagen, damit der Allwissende uns nicht sollte beten hören –

LADY steht auf, heftig bewegt: Weg mit diesen Steinen – sie blitzen Höllenflammen in mein Herz. Sanfter zum Kammerdiener: Mäßige dich armer alter Mann. Sie werden wiederkommen. Sie werden ihr Vaterland wiedersehen.

KAMMERDIENER warm und voll: Das weiß der Himmel! Das werden sie! – Noch am Stadttor drehten sie sich um, und schrieen: »Gott mit euch, Weib und Kinder – Es leb unser Landesvater – am Jüngsten Gericht sind wir wieder da!«

Lady mit starkem Schritt auf und nieder gehend: Abscheulich! Fürchterlich! – Mich beredete man, ich habe sie

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