Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 17)

alle getrocknet die Tränen des Landes – Schrecklich, schrecklich gehen mir die Augen auf – Geh du – Sag deinem Herrn – Ich werd ihm persönlich danken. Kammerdiener will gehen, sie wirft ihm ihre Goldbörse in den Hut. Und das nimm, weil du mir Wahrheit sagtest –

KAMMERDIENER wirft sie verächtlich auf den Tisch zurück: Legt's zu dem übrigen. Er geht ab.

Lady sieht ihm erstaunt nach: Sophie, spring ihm nach, frag ihn um seinen Namen. Er soll seine Söhne wiederhaben. Sophie ab. Lady nachdenkend auf und nieder. Pause. Zu Sophien, die wiederkommt: Ging nicht jüngst ein Gerüchte, daß das Feuer eine Stadt an der Grenze verwüstet, und bei vierhundert Familien an den Bettelstab gebracht habe? Sie klingelt.

SOPHIE: Wie kommen Sie auf das? Allerdings ist es so, und die mehresten dieser Unglücklichen dienen jetzt ihren Gläubigern als Sklaven, oder verderben in den Schachten der fürstlichen Silberbergwerke.

Bedienter kommt: Was befehlen Mylady?

Lady gibt ihm den Schmuck: Daß das ohne Verzug in die Landschaft gebracht werde! – Man soll es sogleich zu Geld machen, befehl ich, und den Gewinst davon unter die vierhundert verteilen, die der Brand ruiniert hat.

SOPHIE: Mylady, bedenken Sie, daß Sie die höchste Ungnade wagen.

Lady mit Größe: Soll ich den Fluch seines Landes in meinen Haaren tragen? Sie winkt dem Bedienten, dieser geht. Oder willst du, daß ich unter dem schrecklichen Geschirr solcher Tränen zu Boden sinke? – Geh Sophie – Es ist besser falsche Juwelen im Haar, und das Bewußtsein dieser Tat im Herzen zu haben.

SOPHIE: Aber Juwelen, wie diese! Hätten Sie nicht Ihre schlechtern nehmen können. Nein wahrlich Mylady! Es ist Ihnen nicht zu vergeben.

LADY: Närrisches Mädchen! Dafür werden in einem Augenblick mehr Brillanten und Perlen für mich fallen, als zehen Könige in ihren Diademen getragen, und schönere –

Bedienter kommt zurück: Major von Walter –

SOPHIE springt auf die Lady zu: Gott! Sie verblassen –

LADY: Der erste Mann der mir Schrecken macht – Sophie – Ich sei unpäßlich Eduard – Halt – Ist er aufgeräumt? Lacht er? Was spricht er? O Sophie! Nicht wahr, ich sehe häßlich aus?

SOPHIE: Ich bitte Sie Lady –

Bedienter: Befehlen Sie, daß ich ihn abweise?

LADY stotternd: Er soll mir willkommen sein. Bedienter hinaus. Sprich Sophie – Was sag ich ihm? Wie empfang ich ihn? – Ich werde stumm sein. – Er wird meiner Schwäche spotten – Er wird – o was ahndet mir – Du verlässest mich Sophie? – Bleib – Doch nein! Gehe! – So bleib doch.

Der Major kommt durch das Vorzimmer.

SOPHIE: Sammeln Sie sich. Er ist schon da.

Dritte Szene

Ferdinand von Walter. Die Vorigen.

FERDINAND mit einer kurzen Verbeugung: Wenn ich Sie worin unterbreche, gnädige Frau –

Lady unter merkbarem Herzklopfen: In nichts, Herr Major, das mir wichtiger wäre.

FERDINAND: Ich komme auf Befehl meines Vaters.

LADY: Ich bin seine Schuldnerin.

FERDINAND: Und soll Ihnen melden, daß wir uns heuraten – So weit der Auftrag meines Vaters.

Lady entfärbt sich und zittert: Nicht Ihres eigenen Herzens?

FERDINAND: Minister und Kuppler pflegen das niemals zu fragen.

LADY mit einer Beängstigung, daß ihr die Worte versagen: Und Sie selbst hätten sonst nichts beizusetzen?

FERDINAND

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