Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 15)
auch seinem Herzen befehlen, gegen ein großes feuriges Herz groß und feurig zu schlagen? Kann er sein darbendes Gehirn auf ein einziges schönes Gefühl exequieren? – Mein Herz hungert bei all dem Vollauf der Sinne, und was helfen mich tausend beßre Empfindungen, wo ich nur Wallungen löschen darf?
SOPHIE blickt sie verwundernd an: Wie lang ist es denn aber, daß ich Ihnen diene, Mylady?
LADY: Weil du erst heute mit mir bekannt wirst? – Es ist wahr, liebe Sophie – ich habe dem Fürsten meine Ehre verkauft, aber mein Herz habe ich frei behalten – ein Herz, meine Gute, das vielleicht eines Mannes noch wert ist – über welches der giftige Wind des Hofes nur wie der Hauch über den Spiegel ging – Trau es mir zu, meine Liebe, daß ich es längst gegen diesen armseligen Fürsten behauptet hätte, wenn ich es nur von meinem Ehrgeiz erhalten könnte, einer Dame am Hof den Rang vor mir einzuräumen.
SOPHIE: Und dieses Herz unterwarf sich dem Ehrgeiz so gern?
LADY lebhaft: Als wenn es sich nicht schon gerächt hätte? – Nicht jetzt noch sich rächte? – Sophie, Bedeutend, indem sie die Hand auf Sophiens Achsel fallen läßt: wir Frauenzimmer können nur zwischen Herrschen und Dienen wählen – aber die höchste Wonne der Gewalt ist doch nur ein elender Behelf, wenn uns die größere Wonne versagt wird, Sklavinnen eines Manns zu sein, den wir lieben.
SOPHIE: Eine Wahrheit, Mylady, die ich von Ihnen zuletzt hören wollte!
LADY: Und warum, meine Sophie? Sieht man es denn dieser kindischen Führung des Zepters nicht an, daß wir nur für das Gängelband taugen? Sahst du es denn diesem launischen Flattersinn nicht an – diesen wilden Ergötzungen nicht an, daß sie nur wildere Wünsche in meiner Brust überlärmen sollten?
SOPHIE tritt erstaunt zurück: Lady?
LADY lebhafter: Befriedige diese! Gib mir den Mann, den ich jetzt denke – den ich anbete – sterben, Sophie, oder besitzen muß. Schmelzend: Laß mich aus seinem Mund es vernehmen, daß Tränen der Liebe schöner glänzen in unsern Augen, als die Brillanten in unserm Haar Feurig: und ich werfe dem Fürsten sein Herz und sein Fürstentum vor die Füße, fliehe mit diesem Mann, fliehe in die entlegenste Wüste der Welt – –
SOPHIE blickt sie erschrocken an: Himmel! was machen Sie? Wie wird Ihnen Lady?
LADY bestürzt: Du entfärbst dich? – Hab ich vielleicht etwas zuviel gesagt? – O so laß mich deine Zunge mit meinem Zutrauen binden – höre noch mehr – höre alles –
SOPHIE schaut sich ängstlich um: Ich fürchte Mylady – ich fürchte – ich brauch es nicht mehr zu hören.
LADY: Die Verbindung mit dem Major – Du und die Welt stehen im Wahn, sie sei eine Hofkabale – Sophie – erröte nicht – schäme dich meiner nicht – sie ist das Werk – meiner Liebe.
SOPHIE: Bei Gott! Was mir ahndete!
LADY: Sie ließen sich beschwatzen, Sophie – der schwache Fürst – der hofschlaue Walter – der alberne Marschall – Jeder von ihnen wird darauf schwören, daß diese Heurat das unfehlbarste Mittel sei, mich dem Herzog zu retten, unser Band um so