Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 47)

– Dieses liebende Paar ist verloren, oder Milford muß ihren Anspruch vertilgen, und im Herzen des Fürsten erlöschen! Nach einer Pause lebhaft: Es ist geschehen! – Gehoben das furchtbare Hindernis – Zerbrochen alle Bande zwischen mir und dem Herzog, gerissen aus meinem Busen diese wütende Liebe! – – In deine Arme werf ich mich, Tugend – Nimm sie auf, deine reuige Tochter Emilie! – Ha! wie mir so wohl ist! Wie ich auf einmal so leicht! so gehoben mich fühle! – Groß, wie eine fallende Sonne, will ich heut vom Gipfel meiner Hoheit heruntersinken, meine Herrlichkeit sterbe mit meiner Liebe, und nichts als mein Herz begleite mich in diese stolze Verweisung. Entschlossen zum Schreibpult gehend. Jetzt gleich muß es geschehen – jetzt auf der Stelle, ehe die Reize des lieben Jünglings den blutigen Kampf meines Herzens erneuren.

Sie setzt sich nieder, und fängt an zu schreiben.

Neunte Szene

Lady. Ein Kammerdiener. Sophie, hernach der Hofmarschall. Zuletzt Bediente.

KAMMERDIENER: Hofmarschall von Kalb stehen im Vorzimmer mit einem Auftrag vom Herzog.

Lady in der Hitze des Schreibens: Auftaumeln wird sie die fürstliche Drahtpuppe! Freilich! der Einfall ist auch drollig genug, so eine Durchlauchtige Hirnschale auseinanderzutreiben! – Seine Hofschranzen werden wirbeln. – Das ganze Land wird in Gärung kommen.

KAMMERDIENER und Sophie: Der Hofmarschall, Mylady –

Lady dreht sich um: Wer? Was? – Desto besser! Diese Sorte von Geschöpfen ist zum Sacktragen auf der Welt. Er soll mir willkommen sein.

Kammerdiener geht ab.

SOPHIE ängstlich näher kommend: Wenn ich nicht fürchten müßte, Mylady, es wäre Vermessenheit – Lady schreibt hitzig fort. Die Millerin stürzte außer sich durch den Vorsaal – Sie glühen – Sie sprechen mit sich selbst. Lady schreibt immer fort. Ich erschrecke – Was muß geschehen sein?

Hofmarschall tritt herein, macht dem Rücken der Lady tausend Verbeugungen; da sie ihn nicht bemerkt, kommt er näher, stellt sich hinter ihren Sessel, sucht den Zipfel ihres Kleids wegzukriegen und drückt einen Kuß darauf, mit furchtsamem Lispeln: Serenissimus –

Lady indem sie Sand streut und das Geschriebene durchfliegt: Er wird mir schwarzen Undank zur Last legen – Ich war eine Verlassene. Er hat mich aus dem Elend gezogen – Aus dem Elend? – Abscheulicher Tausch! – Zerreiße deine Rechnung, Verführer! Meine ewige Schamröte bezahlt sie mit Wucher.

HOFMARSCHALL nachdem er die Lady vergeblich von allen Seiten umgangen hat: Mylady scheinen etwas distrait zu sein – Ich werde mir wohl selbst die Kühnheit erlauben müssen. Sehr laut: Serenissimus schicken mich, Mylady zu fragen, ob diesen Abend Vauxhall sein werde, oder teutsche Komödie?

Lady lachend aufstehend: Eins von beiden, mein Engel – Unterdessen bringen Sie Ihrem Herzog diese Karte zum Dessert! Gegen Sophien: Du, Sophie, befiehlst, daß man anspannen soll, und rufst meine ganze Garderobe in diesem Saal zusammen. –

SOPHIE geht ab voll Bestürzung: O Himmel! Was ahndet mir? Was wird das noch werden?

HOFMARSCHALL: Sie sind echauffiert meine Gnädige?

LADY: Um so weniger wird hier gelogen sein – Hurra Herr Hofmarschall! Es wird eine Stelle vakant. Gut Wetter für Kuppler. Da der Marschall einen zweifelhaften Blick auf den Zettel wirft. Lesen Sie, lesen Sie! – Es ist

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