Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 59)

kann. Wir machen aus diesem verdrüßlichen Duett eine Lustbarkeit, und rächen uns mit Hilfe gewisser Galanterien an den Grillen der Liebe.

LUISE: Sie sind aufgeräumt, Herr von Walter?

FERDINAND: Ganz außerordentlich, um die Knaben auf dem Markt hinter mir herzujagen! Nein! in Wahrheit Luise. Dein Beispiel bekehrt mich – Du sollst meine Lehrerin sein. Toren sind's, die von ewiger Liebe schwatzen, ewiges Einerlei widersteht, Veränderung nur ist das Salz des Vergnügens – Topp Luise! Ich bin dabei – Wir hüpfen von Roman zu Romane, wälzen uns von Schlamme zu Schlamm – Du dahin – Ich dorthin – Vielleicht, daß meine verlorene Ruhe sich in einem Bordell wiederfinden läßt – Vielleicht, daß wir dann nach dem lustigen Wettlauf, zwei modernde Gerippe, mit der angenehmsten Überraschung von der Welt zum zweitenmal aufeinanderstoßen, daß wir uns da an dem gemeinschaftlichen Familienzug, den kein Kind dieser Mutter verleugnet, wie in Komödien wiedererkennen, daß Ekel und Scham noch eine Harmonie veranstalten, die der zärtlichsten Liebe unmöglich gewesen ist.

LUISE: O Jüngling! Jüngling! Unglücklich bist du schon, willst du es auch noch verdienen?

FERDINAND ergrimmt durch die Zähne murmelnd: Unglücklich bin ich? Wer hat dir das gesagt? Weib, du bist zu schlecht, um selbst zu empfinden – womit kannst du eines andern Empfindungen wägen? – Unglücklich, sagte sie? – Ha! dieses Wort könnte meine Wut aus dem Grabe rufen! – Unglücklich mußt ich werden, das wußte sie. Tod und Verdammnis! das wußte sie, und hat mich dennoch verraten – Siehe Schlange! Das war der einzige Fleck der Vergebung – Deine Aussage bricht dir den Hals – Bis jetzt konnt ich deinen Frevel mit deiner Einfalt beschönigen, in meiner Verachtung wärst du beinahe meiner Rache entsprungen. Indem er hastig das Glas ergreift. Also leichtsinnig warst du nicht – dumm warst du nicht – du warst nur ein Teufel. Er trinkt. Die Limonade ist matt, wie deine Seele – Versuche!

LUISE: O Himmel! Nicht umsonst hab ich diesen Auftritt gefürchtet.

FERDINAND gebieterisch: Versuche!

Luise nimmt das Glas etwas unwillig und trinkt.

Ferdinand wendet sich, sobald sie das Glas an den Mund setzt, mit einer plötzlichen Erblassung weg, und eilt nach dem hintersten Winkel des Zimmers.

LUISE: Die Limonade ist gut.

FERDINAND ohne sich umzukehren, von Schauer geschüttelt: Wohl bekomm's!

LUISE nachdem sie es niedergesetzt: O wenn Sie wüßten, Walter, wie ungeheuer Sie meine Seele beleidigen.

FERDINAND: Hum!

LUISE: Es wird eine Zeit kommen, Walter –

FERDINAND wieder vorwärts kommend: Oh! Mit der Zeit wären wir fertig.

LUISE: Wo der heutige Abend schwer auf Ihr Herz fallen dürfte –

FERDINAND fängt an stärker zu gehen, und beunruhigter zu werden, indem er Schärpe und Degen von sich wirft: Gute Nacht, Herrendienst!

LUISE: Mein Gott! Wie wird Ihnen?

FERDINAND: Heiß und enge – will mir's bequemer machen.

LUISE: Trinken Sie! Trinken Sie! Der Trank wird Sie kühlen.

FERDINAND: Das wird er auch ganz gewiß – Die Metze ist gutherzig, doch! das sind alle!

LUISE mit dem vollen Ausdruck der Liebe ihm in die Arme eilend: Das deiner Luise, Ferdinand?

FERDINAND drückt sie von sich: Fort! Fort! Diese sanfte schmelzende Augen weg! Ich erliege. Komm in deiner ungeheuren Furchtbarkeit, Schlange, spring an mir auf,

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