Ungekürztes Werk "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller (Seite 7)

man euch beugen.

GESELLEN: Zwing Uri!

FRONVOGT: Nun was gibt's dabei zu lachen?

ZWEITER GESELL:

Mit diesem Häuslein wollt ihr Uri zwingen?

ERSTER GESELL:

Laß sehn, wieviel man solcher Maulwurfshaufen

Muß übernander setzen, bis ein Berg

Draus wird, wie der geringste nur in Uri!

Fronvogt geht nach dem Hintergrund.

MEISTER STEINMETZ:

Den Hammer werf ich in den tiefsten See,

Der mir gedient bei diesem Fluchgebäude!

Tell und Stauffacher kommen.

STAUFFACHER:

O hätt ich nie gelebt, um das zu schauen!

TELL: Hier ist nicht gut sein. Laßt uns weitergehn.

STAUFFACHER: Bin ich zu Uri in der Freiheit Land?

MEISTER STEINMETZ:

O Herr, wenn Ihr die Keller erst gesehn

Unter den Türmen! Ja wer die bewohnt,

Der wird den Hahn nicht fürder krähen hören!

STAUFFACHER: O Gott!

STEINMETZ: Seht diese Flanken, diese Strebepfeiler,

Die stehn, wie für die Ewigkeit gebaut!

TELL: Was Hände bauten, können Hände stürzen.

Nach den Bergen zeigend:

Das Haus der Freiheit hat uns Gott gegründet.

Man hört eine Trommel, es kommen Leute,

die einen Hut auf einer Stange tragen, ein Ausrufer folgt ihnen,

Weiber und Kinder dringen tumultuarisch nach.

 

ERSTER GESELL: Was will die Trommel? Gebet acht!

MEISTER STEINMETZ: Was für

Ein Fasnachtsaufzug und was soll der Hut?

AUSRUFER: In des Kaisers Namen! Höret!

GESELLEN: Still doch! Höret!

AUSRUFER: Ihr sehet diesen Hut, Männer von Uri!

Aufrichten wird man ihn auf hoher Säule,

Mitten in Altorf, an dem höchsten Ort,

Und dieses ist des Landvogts Will und Meinung:

Dem Hut soll gleiche Ehre wie ihm selbst geschehn,

Man soll ihn mit gebognem Knie und mit

Entblößtem Haupt verehren – Daran will

Der König die Gehorsamen erkennen.

Verfallen ist mit seinem Leib und Gut

Dem Könige, wer das Gebot verachtet.

Das Volk lacht laut auf, die Trommel wird gerührt, sie gehen vorüber.

ERSTER GESELL: Welch neues Unerhörtes hat der Vogt

Sich ausgesonnen! Wir 'nen Hut verehren!

Sagt! Hat man je vernommen von dergleichen?

MEISTER STEINMETZ:

Wir unsre Kniee beugen einem Hut!

Treibt er sein Spiel mit ernsthaft würd'gen Leuten?

ERSTER GESELL:

Wär's noch die kaiserliche Kron! So ist's

Der Hut von Österreich, ich sah ihn hangen

Über dem Thron, wo man die Lehen gibt!

MEISTER STEINMETZ:

Der Hut von Österreich! Gebt acht, es ist

Ein Fallstrick, uns an Östreich zu verraten!

GESELLEN: Kein Ehrenmann wird sich der Schmach bequemen.

MEISTER STEINMETZ:

Kommt, laßt uns mit den andern Abred nehmen.

Sie gehen nach der Tiefe.

TELL zum Stauffacher:

Ihr wisset nun Bescheid. Lebt wohl, Herr Werner!

STAUFFACHER:

Wo wollt Ihr hin? O eilt nicht so von dannen.

TELL: Mein Haus entbehrt des Vaters. Lebet wohl.

STAUFFACHER:

Mir ist das Herz so voll, mit Euch zu reden.

TELL: Das schwere Herz wird nicht durch Worte leicht.

STAUFFACHER:

Doch könnten Worte uns zu Taten führen.

TELL: Die einz'ge Tat ist jetzt Geduld und Schweigen.

STAUFFACHER: Soll man ertragen, was unleidlich ist?

TELL:

Die schnellen Herrscher sind's, die kurz regieren.

– Wenn sich der Föhn erhebt aus seinen Schlünden,

Löscht man die Feuer aus, die Schiffe suchen

Eilends den Hafen, und der mächt'ge Geist

Geht ohne Schaden, spurlos, über die Erde.

Ein jeder lebe still bei sich daheim,

Dem Friedlichen gewährt man gern den Frieden.

STAUFFACHER: Meint Ihr?

TELL:  Die Schlange sticht nicht ungereizt.

Sie werden endlich doch von selbst ermüden,

Wenn sie die Lande ruhig bleiben sehn.

STAUFFACHER:

Wir könnten viel, wenn wir zusammenstünden.

TELL:

Beim Schiffbruch hilft der einzelne sich leichter.

STAUFFACHER: So kalt verlaßt Ihr die gemeine Sache?

TELL: Ein jeder zählt nur sicher auf sich selbst.

STAUFFACHER: Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.

TELL: Der Starke

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