Ungekürztes Werk "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller (Seite 6)

ist

Der Krieg, die Herde schlägt er und den Hirten.

GERTRUD: Ertragen muß man, was der Himmel sendet,

Unbilliges erträgt kein edles Herz.

STAUFFACHER:

Dies Haus erfreut dich, das wir neu erbauten.

Der Krieg, der ungeheure, brennt es nieder.

GERTRUD:

Wüßt ich mein Herz an zeitlich Gut gefesselt,

Den Brand wärf ich hinein mit eigner Hand.

STAUFFACHER:

Du glaubst an Menschlichkeit! Es schont der Krieg

Auch nicht das zarte Kindlein in der Wiege.

GERTRUD:

Die Unschuld hat im Himmel einen Freund!

– Sieh vorwärts, Werner, und nicht hinter dich.

STAUFFACHER: Wir Männer können tapfer fechtend sterben,

Welch Schicksal aber wird das eure sein?

GERTRUD:

Die letzte Wahl steht auch dem Schwächsten offen,

Ein Sprung von dieser Brücke macht mich frei.

STAUFFACHER stürzt in ihre Arme:

Wer solch ein Herz an seinen Busen drückt,

Der kann für Herd und Hof mit Freuden fechten,

Und keines Königs Heermacht fürchtet er –

Nach Uri fahr ich stehnden Fußes gleich,

Dort lebt ein Gastfreund mir, Herr Walther Fürst,

Der über diese Zeiten denkt wie ich.

Auch find ich dort den edeln Bannerherrn

Von Attinghaus – obgleich von hohem Stamm

Liebt er das Volk und ehrt die alten Sitten.

Mit ihnen beiden pfleg ich Rats, wie man

Der Landesfeinde mutig sich erwehrt –

Leb wohl – und weil ich fern bin, führe du

Mit klugem Sinn das Regiment des Hauses –

Dem Pilger, der zum Gotteshause wallt,

Dem frommen Mönch, der für sein Kloster sammelt,

Gib reichlich und entlaß ihn wohlgepflegt.

Stauffachers Haus verbirgt sich nicht. Zuäußerst

Am offnen Heerweg steht's, ein wirtlich Dach

Für alle Wandrer, die des Weges fahren.

Indem sie nach dem Hintergrund abgehen, tritt Wilhelm Tell

mit Baumgarten vorn auf die Szene.

TELL zu Baumgarten:

Ihr habt jetzt meiner weiter nicht vonnöten,

Zu jenem Hause gehet ein, dort wohnt

Der Stauffacher, ein Vater der Bedrängten.

– Doch sieh, da ist er selber – Folgt mir, kommt!

Gehen auf ihn zu, die Szene verwandelt sich.

Dritte Szene

Öffentlicher Platz bei Altorf. Auf einer Anhöhe im Hintergrund

sieht man eine Feste bauen, welche schon so weit gediehen,

daß sich die Form des Ganzen darstellt. Die hintere Seite ist fertig,

an der vordern wird eben gebaut, das Gerüste steht noch,

an welchem die Werkleute auf und niedersteigen, auf dem höchsten

Dach hängt der Schieferdecker.

Alles ist in Bewegung und Arbeit.

 

Fronvogt. Meister Steinmetz. Gesellen und Handlanger.

 

FRONVOGT mit dem Stabe, treibt die Arbeiter:

Nicht lange gefeiert, frisch! Die Mauersteine

Herbei, den Kalk, den Mörtel zugefahren!

Wenn der Herr Landvogt kommt, daß er das Werk

Gewachsen sieht – Das schlendert wie die Schnecken.

Zu zwei Handlangern, welche tragen:

Heißt das geladen? Gleich das Doppelte!

Wie die Tagdiebe ihre Pflicht bestehlen!

ERSTER GESELL:

Das ist doch hart, daß wir die Steine selbst

Zu unserm Twing und Kerker sollen fahren!

FRONVOGT:

Was murret ihr? Das ist ein schlechtes Volk,

Zu nichts anstellig als das Vieh zu melken,

Und faul herumzuschlendern auf den Bergen.

ALTER MANN ruht aus: Ich kann nicht mehr.

FRONVOGT schüttelt ihn:   Frisch Alter an die Arbeit!

ERSTER GESELL:

Habt Ihr denn gar kein Eingeweid, daß Ihr

Den Greis, der kaum sich selber schleppen kann,

Zum harten Frondienst treibt?

MEISTER STEINMETZ und GESELLEN:

's ist himmelschreiend!

FRONVOGT: Sorgt ihr für euch, ich tu was meines Amts.

ZWEITER GESELL:

Fronvogt, wie wird die Feste denn sich nennen,

Die wir da baun?

FRONVOGT:Zwing Uri soll sie heißen,

Denn unter dieses Joch wird

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