Ungekürztes Werk "Der Schimmelreiter" von Theodor Storm (Seite 196)
wo jetzt seine beiden Hunde Wache hielten; aber er konnte nicht fort, es gab zu viel zu schaffen und zu hüten.
Als draußen am Rand der Talmulde schon die Morgensonne auf den Heideblüten schimmerte, sah er Hans Christoph aus einem der Ställe treten, in denen jetzt die schwedischen Dragoner bei ihren Pferden schliefen. Da winkte er ihn zu sich, er solle nach des Kornschreibers Haus hinabgehen und Futter für die Hunde mit sich nehmen; aber er solle sie dort lassen, nur sich nach allem umtun und ohne Aufenthalt Bericht erstatten.
Wohl zehnmal ist der Junker nach des Burschen Fortgang aus der Torfahrt getreten, um auf den Weg zum Dorf hinabzusehen; als aber endlich die untersetzte Gestalt desselben in den schrägen Sonnenstrahlen wieder sichtbar wurde, da sah er auch die beiden Hunde ihm zur Seite traben. »Hoho, Hans Christoph!« rief er, indem er ihm entgegenschritt, »ich hatte gesagt, du solltst die Hunde dort lassen!«
Hans Christoph zupfte sich an seinem dichten Flachshaar: »Ja, Herr, ich hätte sie auch liegenlassen, obschon sie bettelhaft mit den Schwänzen klopften; aber es ist niemand mehr im Hause dagewesen.«
Junker Hinrich hatte die Hunde fortgestoßen, die vor Freude winselnd an ihm aufgesprungen waren: »Sprich weiter, Christoph!« rief er. »Ist doch ein Unheil losgebrochen?«
Aber es gab kein Unheil zu berichten; der Kornschreiber war vor Sonnenaufgang mit seiner Tochter zu Owe Heikens in den Turm hinaufgezogen. Er war Geschwisterkind mit ihm und pflegte auch allherbstlich, wenn er an den jährlichen Holzrechnungen mitgeholfen hatte, die Martinsgans dort mit zu speisen. Hans Christoph war dem Burschen noch begegnet, der den Flüchtenden ein paar Bettstücke durch die Eichen nachgekarrt hatte. »Für so schmucke Jungfern«, sagte er schmunzelnd, »können anitzo die Mauern nicht zu feste sein.« Er sah es nicht, welch finsteren Blick der Junker ihm bei seiner munteren Rede zuwarf; er hatte noch immer zu erzählen; auch wie der Bauer ihm berichtet hatte, daß sie vor den großen Hunden sich gefürchtet und gar hehlings durch den Garten abgezogen seien.
Hans Christoph konnte ungehindert reden; schweigend, den Schnauzbart mit den Fingern drehend, stieg der Junker neben ihm den Anberg zum Tore von Grieshuus hinauf.
Schon fast seit einer Woche waren die Schweden abgezogen, und noch war der Junker nicht drüben in dem Turm gewesen, obgleich er sonst kaum einen Tag um den andern hatte verstreichen lassen, ohne bei dem alten Owe Heikens einzusprechen; fast war's, als scheue er sich, den jetzt dort wohnenden Gästen zu begegnen. Da kam die Kunde, daß eine Abteilung desselben Kriegsvolkes, welches jenseit des Waldes in der dortigen Flußniederung lagere, zu Zeltstangen und Faschinen die besten Bäume aus den jungen Eichenschlägen haue und schon bösliche Verwüstung angerichtet habe. Der alte Herr, der auf seinen Wald gar große Stücke hielt, ergrimmte heftig; der Junker sollte fort und mit den Offizieren unterhandeln, auch den Jäger Owe Heikens mit sich nehmen, um etwa nach dessen Anweisung aus anderen Schlägen Holz zum Kriegsbedarfe anzubieten.
Es war schon hoch am Vormittage, als Junker Hinrich mit raschen Schritten in den Heidestieg hinabging; aber sie wurden langsamer, je klarer drüben das stumpfe