Ungekürztes Werk "Der Schimmelreiter" von Theodor Storm (Seite 200)

und keine Flecken dann zutage kommen!«

Aber der Alte zog den Schlüssel nicht aus seinem Schubsack. »Nein, nein, Herr Hinrich, ich schließ Euch keine Türen auf; wollet das nicht von mir heischen, so Ihr mich anders für unseres Herren Diener achtet!«

Der Junker sah ihn eine Weile mit seinen scharfen Augen an, dann sagte er: »Ich kann dich drum nicht schelten, Owe Heikens; sehe denn jeder, welcher Weg ihm taugen mag!«

Von jenseit durch die Pforte drang ein leichtes Atmen an sein Ohr; seine Augen streiften rasch dahin; dann aber nickte er dem Alten zu und schritt den Heidestieg hinab.

Sein Herz von deinem Herzen

Das bringet niemand los!

O lieber Gott im Himmel – –

Halb wie ein Trutzlied klang das schöne Liebeslied, und er sang es hell und heller, je weiter er durch das schwarze Kraut hinausschritt; die Lüfte, die ihm entgegenwehten, nahmen es auf und fuhren damit rückwärts; kein Wörtlein ist davon verlorengegangen.

Es heißt wohl: »Liebe findet ihre Wege«, aber dem Junker waren sie seither doch arg verlegt worden. Es schuf ihm unliebsames Grübeln, weshalb der alte Herr, und eben zwar am Vormittage, seiner Hülfe so sonderlich mehr als sonst bedürfen wolle. War es nichts andres, so waren Rechnungen aufzustellen oder für Rotuln und Rezesse in einem zähen Rechtshandel mit der Nachbarsdorfschaft Instruktionen aufzusetzen oder verschwundenen Dokumenten im Bodenschutte nachzustöbern; es fehlte selten etwas, um ihn festzuhalten.

Hatte er sich dennoch einmal fortgestohlen, dann ging die Furcht mit ihm, er möge drüben die Gäste durch seinen Vater ausgetrieben finden. Freilich tröstete ihn bald im Näherkommen, wenn nicht das Pergamentgesicht des Kornschreibers, das hinter dem Fenster im Oberbau sichtbar wurde, so doch ein trocknes Husten, das von dort herniederzitterte. Aber schon beim Eintritt kam Owe Heikens ihm entgegen, und das Schmunzeln, das dabei unter dessen grauem Schnauzbart zuckte, brachte oft ein wildes Funkeln in des Junkers Augen; dann aber scholl wohl ein leichter Fußtritt von oben durch die Zimmerdecke, und er horchte nur auf dessen Wiederkehr und ließ den Alten über Kriegsvolk und Bauern, über Wild und Wälder reden.

Am besten traf er es gleichwohl, wenn das Tor verschlossen war; dann hatten von oben junge Augen nach ihm ausgespäht; und bald, während auf den kahlen Bäumen die Raben vor Frost und Hunger schrieen, drangen heiße Worte durch die trennenden Bohlen hin und wider.

– – So war das neue Jahr gekommen. Die Kriegsunruhen dauerten fort; der junge Herzog Christian Albrecht war in seiner festen Stadt am Eiderstrome von den Dänen eingeschlossen; nur sein Vater, unser Herzog Friedrich, war schon vor dem Herbst auf immer zu dem von ihm ersehnten Frieden eingegangen. Trotz alle diesem war um octavis trium regum in der herzoglichen Stadt ob dem Kiele die Ritterschaft nicht minder zahlreich als sonst vertreten; denn das Geld war knapp geworden, und dort, im Umschlage, konnte man solches zu bekommen hoffen.

Auch Junker Hinrich hatte auf des alten Herrn Geheiß sich dahin auf die Reise machen müssen. Zwar nicht um Geldnegozen abzuschließen; aber der jüngere Junker Detlev, der in der Kanzelei zu Gottorf unter des Herzogs Minister Kielmannsegge bereits einen

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