Ungekürztes Werk "Der Schimmelreiter" von Theodor Storm (Seite 204)
Euch nicht verwehren.«
Der Edelmann hatte seinen Krückstock aus der Ecke gerissen und stieß damit heftig auf den Boden. »Verwehren, sagt Er? Er soll mir helfen, Pastor, wie es gegen Patron and Kirche Seine gottverfluchte Schuldigkeit!«
Der Redende war so laut geworden, daß im Unterhause das Gesinde auf den Schwellen stand; die naskluge Binnermagd hatte sich schon vordem hinaufgeschlichen und lag mit dem Ohr am Schlüsselloch.
Der geistliche Herr mochte auf jene Worte seines Patrones nur das Haupt geschüttelt haben; denn dieser hub aufs neue an: »Er wird's gar nicht verstanden haben, Pastor: zu seinem Ehgemahl will er das Weibsbild machen! Gleich nach der Kirchen, heut am Vormittage, da, wo Er itzo steht, hat mir der Junker von Grieshuus das ins Gesicht geworfen!«
»Das sieht ihm gleich«, sagte der Pastor«; »Euer Sohn ist weder ein Gotteslästerer noch ein Jungfernschänder.«
Ein zornig Lachen entfuhr dem alten Herrn: »Ein Jungfernschänder? – – Er ist kein Edelmann; Er versteht's nicht, Pastor: ein ganz Geschlecht von makellosen Rittern will er schänden!«
Da frug der geistliche Herr fast leise, daß es des Edelmannes Ohr nur kaum erreichte: »Hat unser Herr Martinus solches auch verschuldet, da er des Ritters Tochter in seine Kammer brachte?«
Aber der Junker schrie: »Laß Er mir den Martinus aus dem Spiel und red Er, ob man auf Ihn rechnen kann! Bedenk Er auch, der Sünder möchte so die leichteste Buße tragen!«
Fast drohend hatte er diese letzten Worte ausgestoßen; doch der Pastor antwortete: »Wider eine christliche Ehe hat die Kirche keine Buße; das andre aber ist meines gnädigen Herrn Patrones Sache, in welche ich nicht hineinzureden habe.«
Als diese Worte von dem Ohr der horchenden Dirne aufgefangen waren, hatten die Schritte drinnen sich der Tür genähert, und sie war eilig die Treppe, die sie hinaufgeschlichen, wieder hinabgeflogen. Bald auch wurde im Unterhause von droben auf dem Vorplatze der Kratzfuß und Empfehl des Pastors hörbar; die Dirne aber sah noch aus dem Seitenflügel, wie droben der alte Herr das eine Fenster aufstieß und mit braunrotem Angesicht dem Pastor nachschaute, der mit hastig spitzen Schritten über die Stapfsteine durch den schlammigen Hof hinausschritt.
– – »Ja, und die Beine zitterten ihm«, erzählte sie abends in der Gesindestube, »ein paarmal trat er nebenweg, daß ihm der Unflat um die schwarzen Strümpfe spritzte.«
Die andern lachten; nur Hans Christoph, der mit dem lohbraunen Hassan am Kachelofen saß, hieß sie, ihr allzu loses Maul in Obacht nehmen; aber sie fand zu guten Rückhalt hier, denn der Fuhrknecht und die übrigen Dirnen wollten wissen, was droben in der Herrenstube abgehandelt worden. Da hob sie ihre Stumpfnase und rief: »Hör du nur zu, Hans Christoph; du kannst's für deinen Junker profitieren!« Und als die andern drängten: »Nur frisch und schütt den Eimer aus!« setzte sie sich bedachtsam dem langen Fuhrknecht auf den Schoß und sagte: »Geduld! Erst als der Junker sich in Blust geredet, hab ich's verstehen können!«
Doch als sie endlich vollends ausgeschüttet hatte und ihre blanken Augen in die Runde laufen ließ, harrte sie umsonst des dankbaren Geplauders, das sie nach solchem Anlaß einzuheimsen pflegte. Hans Christoph streichelte