Ungekürztes Werk "Der Schimmelreiter" von Theodor Storm (Seite 43)
er zog sie fest in seine Arme: ›Das überlassen wir dem Herrgott‹, sagte er; ›jetzt aber und auch dann noch sind wir jung genug, um uns der Früchte unserer Arbeit selbst zu freuen.‹
Sie sah ihn lange, während er sie hielt, aus ihren dunklen Augen an. ›Verzeih, Hauke‹, sprach sie; ›ich bin mitunter ein verzagt Weib!‹
Er neigte sich zu ihrem Antlitz und küßte sie: ›Du bist mein Weib und ich dein Mann, Elke! Und anders wird es nun nicht mehr.‹
Da legte sie die Arme fest um seinen Nacken: ›Du hast recht, Hauke, und was kommt, kommt für uns beide.' Dann löste sie sich errötend von ihm. ›Du wolltest von dem Schimmel mir erzählen‹, sagte sie leise.
›Das wollt ich, Elke. Ich sagte dir schon, mir war Kopf und Herz voll Freude über die gute Nachricht, die der Oberdeichgraf mir gegeben hatte; so ritt ich eben wieder aus der Stadt hinaus, da, auf dem Damm, hinter dem Hafen, begegnet mir ein ruppiger Kerl; ich wußt nicht, war's ein Vagabund, ein Kesselflicker oder was denn sonst. Der Kerl zog den Schimmel am Halfter hinter sich; das Tier aber hob den Kopf und sah mich aus blöden Augen an; mir war's, als ob es mich um etwas bitten wolle; ich war ja auch in diesem Augenblicke reich genug. ›He, Landsmann!‹ rief ich, ›wo wollt Ihr mit der Kracke hin?‹
Der Kerl blieb stehen und der Schimmel auch. ›Verkaufen!‹ sagte jener und nickte mir listig zu.
›Nur nicht an mich!‹ rief ich lustig.
›Ich denke doch!‹ sagte er; ›das ist ein wacker Pferd und unter hundert Talern nicht bezahlt.‹
Ich lachte ihm ins Gesicht.
›Nun‹, sagte er, ›lacht nicht so hart; Ihr sollt's mir ja nicht zahlen! Aber ich kann's nicht brauchen, bei mir verkommt's; es würd bei Euch bald ander Ansehen haben!‹
Da sprang ich von meinem Wallach und sah dem Schimmel ins Maul, und sah wohl, es war noch ein junges Tier. ›Was soll's denn kosten?‹ rief ich, da auch das Pferd mich wiederum wie bittend ansah.
›Herr, nehmt's für dreißig Taler!‹ sagte der Kerl, ›und den Halfter geb ich Euch darein!‹
Und da, Frau, hab ich dem Burschen in die dargebotne braune Hand, die fast wie eine Klaue aussah, eingeschlagen. So haben wir den Schimmel, und ich denk auch, wohlfeil genug! Wunderlich nur war es, als ich mit den Pferden wegritt, hört ich bald hinter mir ein Lachen, und als ich den Kopf wandte, sah ich den Slovaken; der stand noch sperrbeinig, die Arme auf dem Rücken, und lachte wie ein Teufel hinter mir darein.‹
›Pfui‹, rief Elke; ›wenn der Schimmel nur nichts von seinem alten Herrn dir zubringt! Mög er dir gedeihen, Hauke!‹
›Er selber soll es wenigstens, soweit ich's leisten kann!‹ Und der Deichgraf ging in den Stall, wie er vorhin dem Jungen es gesagt hatte.
– – Aber nicht allein an jenem Abend fütterte er den Schimmel, er tat es fortan immer selbst und ließ kein Auge von dem Tiere; er wollte zeigen, daß er einen Priesterhandel gemacht habe; jedenfalls sollte nichts versehen werden. – Und schon nach wenig Wochen hob