Ungekürzter Text "Dantons Tod" von Georg Büchner (Seite 20)
III, 3
Die Conciergerie. Ein Corridor
Lacroix, Danton, Mercier und andre Gefangne auf und ab gehend.
LACROIX zu einem Gefangnen. Wie, so viel Unglückliche, und in einem so elenden Zustande?
DER GEFANGNE. Haben Ihnen die Guillotinenkarren nie gesagt, daß Paris eine Schlachtbank sey?
MERCIER. Nicht wahr, Lacroix? Die Gleichheit schwingt ihre Sichel über allen Häuptern, die Lava der Revolution fließt, die Guillotine republicanisirt! Da klatschen die Gallerien und die Römer reiben sich die Hände, aber sie hören nicht, daß jedes dießer Worte das Röcheln eines Opfers ist. Geht einmal euren Phrasen nach, bis zu dem Punkt wo sie verkörpert werden.
Blickt um euch, das Alles habt ihr gesprochen, es ist eine mimische Uebersetzung eurer Worte. Dieße Elenden, ihre Henker und die Guillotine sind eure lebendig gewordnen Reden. Ihr bautet eure Systeme, wie Bajazet seine Pyramiden, aus Menschenköpfen.
DANTON. Du hast Recht.
Man arbeitet heut zu Tag Alles in Menschenfleisch. Das ist der Fluch unserer Zeit. Mein Leib wird jezt auch verbraucht.
Es ist jezt ein Jahr, daß ich das Revolutionstribunal schuf. Ich bitte Gott und Menschen dafür um Verzeihung, ich wollte neuen Septembermorden zuvorkommen, ich hoffte die Unschuldigen zu retten, aber dieß langsame Morden mit seinen Formalitäten ist gräßlicher und eben so unvermeidlich. Meine Herren ich hoffte Sie Alle dießen Ort verlassen zu machen.
MERCIER. Oh, herausgehen werden wir.
DANTON. Ich bin jezt bey Ihnen, der Himmel weiß wie das enden soll.