Ungekürztes Werk "Ledwina" von Annette von Droste-Hülshoff (Seite 26)

durchkreuzen sich auf eine unangenehme Weise. Gott gebe ihm eine gute friedliche Frau«, fügte sie bedeutend hinzu.

»Was meinst du«, sagte die Bendraet fixierend, »man spricht von der Claudine Triest.«

»So?« versetzte Frau von Brenkfeld lächelnd. »Ich denke, man spricht von der Julie Bendraet.«

»Er hat uns doch keinen Grund gegeben, das zu glauben«, versetzte die Bendraet errötend, »im Gegenteile scheint er eher eine kleine Vorliebe für Elisen zu verraten, aber auf jeden Fall« – sie stockte und faßte die Hand der Freundin – »es ist eigentlich lächerlich, in solchen Dingen abzusprechen, eh man um seine Meinung gefragt wird, aber in jedem Falle würde sich Elise auch schwerlich für Warneck bestimmen. Der Baron hat sich zu gern und viel herumgetrieben, um je ruhig zu werden. Er muß eine lebhafte und lebenslustige Frau haben, die die Mühe und die Begeisterung seiner Liebhabereien mit ihm teilt. Das wäre nichts für mein Hausmütterchen. Der gebe Gott«, fügte sie weich hinzu, »ein stilles, häusliches Los, wo sie es nicht empfindet, daß sie weniger hübsch und lebhaft ist als Julie.«

Frau von Brenkfeld drückte sanft die Hand der Redenden, und sie fuhr lebhafter fort: »Aber daß ich dir mit gleicher Münze bezahle, den guten Türk habe ich wohl recht, recht glücklich mit der kleinen Tour hierher gemacht. Sein volles Herz ergießt sich täglich in den schönsten Gedichten zu Ehren Ledwinens.«

»So, dichtet der?« lachte die Brenkfeld.

»O doch«, versetzte Frau von Bendraet, »sehr artig, und ich glaube wirklich, er zieht jetzt auf der Freite umher.«

»Aber für Ledwina paßt er nicht; die ist zu sanft für ihn.«

Dann fuhr sie rasch und gefaßt fort: »Solange Türk nicht besser zu leben hat, paßt er für keine seinesgleichen.«

»Er hat doch ein Gut«, sagte Frau von Bendraet.

»Ach liebes Kind, nenne es doch lieber einen Bauernhof. Die kleinen ritterlichen Freiheiten werden es nicht sehr verbessern.«

»Er wird gut angestellt werden«, sagte die Nachbarin.

»Wir wollen es hoffen, aber er hat noch Zeit bis dahin; der Referendariusposten ist noch nicht bedeutend.«

Die Bendraet errötete sehr und sprach: »Er ist munter und artig, er kann gefallen. Soll denn eine Mutter ihrer Kinder Glück und Fortkommen verhindern und der Familie ein Haus voll unversorgter Töchter hinterlassen? – zwar«, unterbrach sie sich, »deine Töchter sind präbendiert, allein den Vorteil hat nicht jede Familie.«

»Auch in dem entgegengesetzten Falle«, versetzte die Brenkfeld, »ist der Entschluß, eine Tochter zu unterhalten, besser, als die Wahrscheinlichkeit, dereinst auf mehrere Generationen an den trostlosen Umständen ihrer Nachkommen vergebens zu flicken. Sie ist ja auch nicht gesund«, sagte die Frau von Brenkfeld mit kämpfendem Tone.

»O doch«, versetzte die Bendraet rasch und ängstlich; »ich denke, sie bessert sich sehr und sieht viel wohler aus.«

Beide schwiegen eine kleine Weile, dann sagte die Frau von Brenkfeld: »Du hast sie ja kürzlich nicht gesehen.«

»Ich habe es aber gehört«, versetzte die Bendraet, »von dem schwarzen Musikmeister zu Erlenburg; der sagte neulich, sie sähe schöner und wohler aus wie je.«

»So, der Wildmeister?« sagte die Frau von Brenkfeld und ward noch trüber.

Der lange Referendarius und Julie unterbrachen dieses Gespräch. Der Lange erzählte, Fräulein Therese sei so eifrig am

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