Ungekürztes Werk "Ledwina" von Annette von Droste-Hülshoff (Seite 27)
Kochen und Braten für den glücklich Unglücklichen, daß ihr keine Rede abzugewinnen gewesen sei, und Fräulein Elise habe der Freundin ihre schönen Pflichten erleichtern wollen und sei deshalb bei ihr zurückgeblieben.
Die Frau von Brenkfeld erzählte jetzt die Geschichte der vorigen Nacht. Die Bendraet wunderte sich, daß sie ihrer noch nicht erwähnt.
»Ich unterhalte meine Gäste nicht gern mit unangenehmen Dingen«, versetzte die Hausfrau.
»Herr von Türk«, rief Julie von Theresens Stickrahmen, bei dem sie sich gesetzt, »Sie müssen der Frau von Brenkfeld Fehde ankündigen, sie nennt einen jungen schönen Mann ein unangenehmes Ding.«
Frau von Brenkfeld sah ernst aus, und Türk wußte sich nicht zu nehmen.
»Verdirb nur nichts, liebes Kind«, rief die Mutter.
»Gott bewahre«, versetzte Julie, »ich werde mich nicht daran wagen.«
Nun stand sie auf und begann den armen Türk mit oft faden, oft treffenden Witzen aufs unbarmherzigste zu schrauben, wobei sie öfters auf leichtsinnig unehrerbietige Art die beiden Frauen hineinzog und dadurch den Langen, der es gern mit der ganzen Welt gut stehen hatte, sehr ängstigte.
Therese stand indes wie auf Kohlen vor der Tür des Kranken, dem sie eben ein Glas Limonade hineingesandt, und suchte leise mit den besten Worten Elise fortzubringen, die von einer Türritze zur andern trat, um eine Ansicht des Fremden zu erlauschen.
»Elise«, sagte Therese, »der Bediente wird heraustreten und dir die Tür vor die Stirn stoßen.«
»Ich bitte dich«, flüsterte Elise, »suche einen Vorwand, mich hineinzubringen.«
»Mein Gott, wie kann es dergleichen Vorwand geben«, versetzte Therese und vertröstete sie auf Karln, der drinnen sei und ihr alles erzählen solle.
Nun wollte Elise aufpassen, wenn Karl herauskomme. Therese ward ungeduldig und ließ Karln durch einen Bedienten herausrufen. Er erschien verstimmt und eilig, grüßte Elise flüchtig, gab schnellen, kurzen Bericht und trat in das Krankenzimmer zurück. Elise schien beleidigt oder verlegen, verließ die Tür mit Theresen, und sie gingen zur Gesellschaft.
Elise setzte sich sogleich an Theresens Stickrahmen und arbeitete eifrig. Türk machte ihr die schuldigen Komplimente über ihren Fleiß und mußte für jedes eine Spötterei von Julien einstecken. So verging der Morgen. Man vermißte plötzlich Ledwinen und tröstete sich, da man wußte, sie sei spazieren. »Unsere Herren bleiben aus«, sagte die Frau von Bendraet eben, da rief Marie: »Sieh, Mutter, ein Reiter!« – »Das ist mein Mann«, sagte die Bendraet.
»Und noch einer«, rief Marie, »und noch einer«, rief sie mit Nachdruck.
»Es wird noch einer kommen, liebes Kind«, sagte die Bendraet und wandte sich entschuldigend zur Hausfrau.
Die Ankommenden stiegen von den Pferden. Herr von Bendraet küßte der Hausdame mit vielen höflichen Reden die Hand. Baron Warneck brachte noch auf dem Hofe etwas an seinen Stiefeln in Ordnung, wobei Junker Klemens Bendraet nicht unterließ, ihm die Sporen unter die Sohle zu drehen.
»Mach kein dummes Zeug«, sagte sein Bruder, aber Warneck lachte, brachte alles in Ordnung, und man trat ein. Jagdgeschichten und Politik kamen zur Sprache, und der Mittag war da, ersehnt und doch unerwartet.
Therese hatte schon die Tür des Speisesaales, in dem die Gesellschaft bereits die englischen Kupferstiche an den Wänden musterte, geöffnet, als sie umschaute, weil sie Ledwinens Tritte auf der Treppe vernahm. Sie