Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 110)

von dem Alten gesagt, und von ›suaviter‹, wenn auch nur ›in modo‹, wollen alle diese Herren nichts wissen. Unter diesen Ultras ist natürlich auch Gundermann auf Siebenmühlen, der Ihnen vielleicht bekannt geworden ist ...«

»Versteht sich. War neulich bei mir. Ein Mann von drei Redensarten, von denen die zwei besten aus der Wassermüllersphäre genommen sind.«

»Nun, dieser Gundermann, wie immer die Dummen, ist zugleich Intrigant, und während er vorgibt, für unsern guten alten Stechlin zu werben, tropft er den Leuten Gift ins Ohr und erzählt ihnen, daß der Alte senil sei und keinen Schneid habe. Der alte Stechlin hat aber mehr Schneid als sieben Gundermanns. Gundermann ist ein Bourgeois und ein Parvenu, also so ziemlich das Schlechteste, was einer sein kann. Ich bin schon zufrieden, wenn dieser Jämmerling unterliegt. Aber um den Alten bin ich besorgt. Ich kann nur wiederholen: es liegt nicht so günstig für ihn, wie die Gegend hier sich einbildet. Denn auf das arme Volk ist kein Verlaß. Ein Versprechen und ein Kornus, und alles schnappt ab.«

»Ich werde das meine tun«, sagte Koseleger mit einer Mischung von Pathos und Wohlwollen. Aber Lorenzen hatte dabei den Eindruck, daß sein Quaden-Hennersdorfer Superintendent bereits ganz andern Bildern nachhing. Und so war es auch. Was war für Koseleger diese traurige Gegenwart? Ihn beschäftigte nur die Zukunft, und wenn er in die hineinsah, so sah er einen langen, langen Korridor mit Oberlicht und am Ausgang ein Klingelschild mit der Aufschrift: »Dr. Koseleger, Generalsuperintendent«.

So ziemlich um dieselbe Stunde, wo die beiden Amtsbrüder »auf bessere Zeiten« anstießen, hielt Katzlers Pürsch­wagen – die Sterne blinkten schon – vor seiner Oberförsterei. Das Blaffen der Hunde, das, solange der Wagen noch weitab war, unausgesetzt über die Waldwiese hingeklungen war, verkehrte sich mit einem Male in winse­liges Geheul und wunderliche Freudentöne. Katzler sprang aus dem Wagen, hing den Hut an einen im Flur stehenden Ständer (von den ewigen »Geweihen« wollte er als feiner Mann nichts wissen) und trat gleich danach in das an der linken Flurseite gelegene, matt erleuchtete Wohnzimmer seiner Frau. Das gedämpfte Licht ließ sie noch blasser erscheinen, als sie war. Sie hatte sich, als der Wagen hielt, von ihrem Sofaplatz erhoben und kam ihrem Manne, wie sie regelmäßig zu tun pflegte, wenn er aus dem Walde zurückkehrte, zu freundlicher Begrü­ßung entgegen. Ein als Weihnachtsgeschenk für eine jün­gere Schwester bestimmtes Batisttuch, in das sie eben die letzte Zacke der Ippe-Büchsensteinschen Krone hineinstickte, hatte sie, bevor sie sich vom Sofa erhob, aus der Hand gelegt. Sie war nicht schön, dazu von einem lymphatisch-sentimentalen Ausdruck, aber ihre stattliche Haltung und mehr noch die Art, wie sie sich kleidete, ließen sie doch als etwas durchaus Apartes und beinahe Fremdländisches erscheinen. Sie trug, nach Art eines Morgenrockes, ein glatt herabhängendes, leis gelbgetöntes Wollkleid und als Eigentümlichstes einen aus demselben gelblichen Wollstoff hergestellten Kopfputz, von dem es unsicher blieb, ob er einen Turban oder eine Krone darstellen sollte. Das Ganze hatte etwas Gewolltes, war aber neben dem Auffälligen doch auch wieder kleidsam. Es sprach sich ein Talent darin aus, etwas aus sich zu machen.

»Wie

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