Ungekürztes Werk "Soll und Haben" von Gustav Freytag (Seite 555)

Einwilligung des Freiherrn das Abkommen, daß der Käufer im Termin wenigstens eine Kaufsumme zu bieten habe, welche dem Freiherrn auch die letzte für Ehrenthal ausgestellte Hypothek rettete. Bei dem noch immer niedrigen Güterpreis war eine höhere Verkaufssumme für das Gut nicht zu hoffen, und im Termin, dessen Ende Anton in großer Spannung abwartete, erstand der neue Käufer in der Tat das Gut zu dem vorher besprochenen Preise.

Am Tage nach dem Termin schrieb Anton der Baronin, er übersandte ihr die Schuldscheine des Freiherrn und seine Vollmacht. Er siegelte den Brief mit dem frohen Gefühl, daß er aus all der Verwirrung für Lenore doch ein Erbteil von ungefähr dreißigtausend Talern gerettet hatte.

Auf dem Dach des Starostenhauses lag wieder der weiße Schnee, und die Krähen drückten die Spur ihrer Füße hinein. Das glänzende Festkleid des Winters war über Flur und Wald ausgebreitet, in tiefem Schlaf lag die Erde, kein Schäferhund bellte auf den Feldern, das Ackergerät stand untätig in einem Schuppen des Hofes. Und doch war auf dem Gut ein heimliches Leben sichtbar, und über den weiten Hofraum eilten geschäftige Arbeiter mit Zollstab und Säge. Der Boden in dem Wirtschaftshof war uneben, denn der Grund für neue Gebäude war ausgegraben, und in den Stuben, und sogar draußen im Sonnenschein arbeitete eine Schar Handwerker aus der Stadt, Zimmerleute, Tischler und Stellmacher. Lustig pfiff der Gesell sein Lied bei der Arbeit, und die gelben Späne flogen weit in den Hof hinein. Es war eine neue Kraft auf dem Gut sichtbar, und ein neues Leben, und wenn das Frühjahr kommt, wird eine Schar Arbeiter sich über den polnischen Grund verbreiten und den ausgeruhten Boden zwingen, emsiger Arbeit Früchte zu tragen.

In seiner warmen Stube saß Vater Sturm auf der Schnitzbank unter Tonnenreifen und Faßdauben, und sein Eisen arbeitete mächtig in das Eichenholz hinein. Und ihm gegenüber auf dem einzigen Polsterstuhl der Stube lehnte der blinde Freiherr, den Krückstock in der Hand, sein Ohr auf den alten Sturm gerichtet.

»Sie müssen müde sein, Sturm«, sagte der Freiherr.

»Ei«, rief der Riese, »mit den Händen geht es noch wie sonst. Das hier wird eine kleine Tonne für das Regenwasser, es ist bloße Kinderarbeit.«

»Auch er hat einmal in einer kleinen Tonne gesteckt«, sagte der Freiherr vor sich hin. »Er war ein schwaches Kind, die Amme hatte ihn zum Baden hineingesetzt, und er hatte seinen Rücken darin gebogen und vorn die Knie angestemmt, so konnte er nicht mehr heraus. Ich mußte die Reifen der Tonne abschlagen lassen, um den Knaben aus seinem Gefängnis zu erlösen.«

Der Riese räusperte sich: »Waren es eiserne Reifen?« fragte er teilnehmend. »Es war mein Sohn«, sagte der Freiherr mit zuckendem Antlitz.

»Ja«, sagte Sturm leise, »er war stattlich, er war ein hübscher Mann, es war eine Freude, zu hören, wenn sein Säbel rasselte, und zu sehen, wie er seinen kleinen Bart drehte.« – Ach, er hatte dasselbe dem blinden Vater schon oft gesagt, alle Tage mußte er es wiederholen, wenn der Freiherr ihm gegenüber saß!

»Es war des Himmels Wille«, sagte der Freiherr und faltete die Hände.

»So war es«, wiederholte der

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