Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 6)

der Schatz!

GEMURMEL. Mir liegts im Fuß wie Bleigewicht –

Mir krampfts im Arme – Das ist Gicht –

Mir krabbelts an der großen Zeh –

Mir tut der ganze Rücken weh –

Nach solchen Zeichen wäre hier

Das allerreichste Schatzrevier.

KAISER. Nur eilig! du entschlüpfst nicht wieder,

Erprobe deine Lügenschäume

Und zeig uns gleich die edlen Räume!

Ich lege Schwert und Zepter nieder

Und will mit eignen hohen Händen,

Wenn du nicht lügst, das Werk vollenden,

Dich, wenn du lügst, zur Hölle senden!

MEPHISTOPHELES. Den Weg dahin wüßt allenfalls zu finden! –

Doch kann ich nicht genug verkünden,

Was überall besitzlos harrend liegt.

Der Bauer, der die Furche pflügt,

Hebt einen Goldtopf mit der Scholle;

Salpeter hofft er von der Leimenwand

Und findet golden-goldne Rolle,

Erschreckt, erfreut, in kümmerlicher Hand.

Was für Gewölbe sind zu sprengen!

In welchen Klüften, welchen Gängen

Muß sich der Schatzbewußte drängen

Zur Nachbarschaft der Unterwelt!

In weiten, altverwahrten Kellern

Von goldnen Humpen, Schüsseln, Tellern

Sieht er sich Reihen aufgestellt;

Pokale stehen aus Rubinen,

Und will er deren sich bedienen,

Daneben liegt uraltes Naß.

Doch – werdet ihr dem Kundigen glauben? –

Verfault ist längst das Holz der Dauben:

Der Weinstein schuf dem Wein ein Faß.

Essenzen solcher edlen Weine,

Gold und Juwelen nicht alleine,

Umhüllen sich mit Nacht und Graus.

Der Weise forscht hier unverdrossen;

Am Tag erkennen, das sind Possen,

Im Finstern sind Mysterien zu Haus.

KAISER. Die laß ich dir! Was will das Düstre frommen?

Hat etwas Wert, es muß zutage kommen.

Wer kennt den Schelm in tiefer Nacht genau?

Schwarz sind die Kühe, so die Katzen grau.

Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht,

Zieh deinen Pflug und ackre sie ans Licht!

MEPHISTOPHELES. Nimm Hack und Spaten, grabe selber!

Die Bauernarbeit macht dich groß,

Und deine Herde goldner Kälber,

Sie reißen sich vom Boden los.

Dann ohne Zaudern, mit Entzücken

Kannst du dich selbst, wirst die Geliebte schmücken:

Ein leuchtend Farb- und Glanzgestein erhöht

Die Schönheit wie die Majestät.

KAISER. Nur gleich! nur gleich! Wie lange soll es währen!

ASTROLOG wie oben. Herr, mäßige solch dringendes Begehren!

Laß erst vorbei das bunte Freudenspiel!

Zerstreutes Wesen führt uns nicht zum Ziel.

Erst müssen wir in Fassung uns versühnen,

Das Untre durch das Obere verdienen.

Wer Gutes will, der sei erst gut,

Wer Freude will, besänftige sein Blut,

Wer Wein verlangt, der keltre reife Trauben,

Wer Wunder hofft, der stärke seinen Glauben!

KAISER. So sei die Zeit in Fröhlichkeit vertan!

Und ganz erwünscht kommt Aschermittwoch an.

Indessen feiern wir, auf jeden Fall,

Nur lustiger das wilde Karneval.

Trompeten. Exeunt.

MEPHISTOPHELES. Wie sich Verdienst und Glück verketten,

Das fällt den Toren niemals ein;

Wenn sie den Stein der Weisen hätten,

Der Weise mangelte dem Stein.

 

Weitläufiger Saal

 

Mit Nebengemächern, verziert und aufgeputzt zur Mummenschanz.

HEROLD. Denkt nicht, ihr seid in deutschen Grenzen

Von Teufels-, Narren- und Totentänzen!

Ein heitres Fest erwartet euch.

Der Herr, auf seinen Römerzügen,

Hat, sich zu Nutz, euch zum Vergnügen,

Die hohen Alpen überstiegen,

Gewonnen sich ein heitres Reich.

Der Kaiser, er, an heiligen Sohlen

Erbat sich erst das Recht zur

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