Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 7)

Macht,

Und als er ging, die Krone sich zu holen,

Hat er uns auch die Kappe mitgebracht.

Nun sind wir alle neugeboren;

Ein jeder weltgewandte Mann

Zieht sie behaglich über Kopf und Ohren:

Sie ähnlet ihn verrückten Toren,

Er ist darunter weise, wie er kann. –

Ich sehe schon, wie sie sich scharen,

Sich schwankend sondern, traulich paaren;

Zudringlich schließt sich Chor an Chor.

Herein, hinaus, nur unverdrossen!

Es bleibt doch endlich nach wie vor

Mit ihren hunderttausend Possen

Die Welt ein einzig-großer Tor.

GÄRTNERINNEN, Gesang, begleitet von Mandolinen.

Euren Beifall zu gewinnen,

Schmückten wir uns diese Nacht,

Junge Florentinerinnen,

Folgten deutschen Hofes Pracht;

Tragen wir in braunen Locken

Mancher heitern Blume Zier;

Seidenfäden, Seidenflocken

Spielen ihre Rolle hier.

Denn wir halten es verdienstlich,

Lobenswürdig ganz und gar:

Unsere Blumen, glänzend-künstlich,

Blühen fort das ganze Jahr.

Allerlei gefärbten Schnitzeln

Ward symmetrisch Recht getan;

Mögt ihr Stück für Stück bewitzeln,

Doch das Ganze zieht euch an.

Niedlich sind wir anzuschauen,

Gärtnerinnen und galant;

Denn das Naturell der Frauen

Ist so nah mit Kunst verwandt.

HEROLD. Laßt die reichen Körbe sehen,

Die ihr auf den Häupten traget,

Die sich bunt am Arme blähen!

Jeder wähle, was behaget!

Eilig, daß in Laub- und Gängen

Sich ein Garten offenbare!

Würdig sind, sie zu umdrängen,

Krämerinnen wie die Ware.

GÄRTNERINNEN. Feilschet nun am heitern Orte,

Doch kein Markten finde statt!

Und mit sinnig-kurzem Worte

Wisse jeder, was er hat.

OLIVENZWEIG MIT FRÜCHTEN.

Keinen Blumenflor beneid ich,

Allen Widerstreit vermeid ich;

Mir ists gegen die Natur:

Bin ich doch das Mark der Lande

Und, zum sichern Unterpfande,

Friedenszeichen jeder Flur.

Heute, hoff ich, soll mirs glücken,

Würdig-schönes Haupt zu schmücken.

ÄHRENKRANZ golden. Ceres Gaben, euch zu putzen,

Werden hold und lieblich stehn:

Das Erwünschteste dem Nutzen

Sei als eure Zierde schön.

PHANTASIEKRANZ. Bunte Blumen, Malven ähnlich,

Aus dem Moos ein Wunderflor!

Der Natur ists nicht gewöhnlich,

Doch die Mode bringts hervor.

PHANTASIESTRAUSS. Meinen Namen euch zu sagen,

Würde Theophrast nicht wagen,

Und doch hoff ich, wo nicht allen,

Aber mancher zu gefallen,

Der ich mich wohl eignen möchte,

Wenn sie mich ins Haar verflöchte,

Wenn sie sich entschließen könnte,

Mir am Herzen Platz vergönnte.

ROSENKNOSPEN, Ausforderung.

Mögen bunte Phantasien

Für des Tages Mode blühen,

Wunderseltsam sein gestaltet,

Wie Natur sich nie entfaltet!

Grüne Stiele, goldne Glocken,

Blickt hervor aus reichen Locken! –

Doch wir halten uns versteckt;

Glücklich, wer uns frisch entdeckt!

Wenn der Sommer sich verkündet,

Rosenknospe sich entzündet,

Wer mag solches Glück entbehren?

Das Versprechen, das Gewähren,

Das beherrscht in Florens Reich

Blick und Sinn und Herz zugleich.

Unter grünen Laubgängen putzen die Gärtnerinnen zierlich ihren Kram auf.

GÄRTNER, Gesang, begleitet von Theorben.

Blumen sehet ruhig sprießen,

Reizend euer Haupt umzieren!

Früchte wollen nicht verführen,

Kostend mag man sie genießen.

Bieten bräunliche Gesichter

Kirschen, Pfirschen, Königspflaumen,

Kauft! denn gegen Zung und Gaumen

Hält sich Auge schlecht als Richter.

Kommt, von allerreifsten Früchten

Mit Geschmack und Lust zu speisen!

Über Rosen läßt sich dichten,

In die Äpfel muß man beißen.

Seis erlaubt, uns anzupaaren

Eurem reichen Jugendflor,

Und wir putzen reifer Waren

Fülle nachbarlich

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