Ungekürztes Werk "Torquato Tasso" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 34)

Schlaf zu rufen, dann

Vielleicht mit einem edlen Christenheere

Gefahr und Ruhm des heil’gen Kriegs zu teilen.

Und soll mein Lied die besten Männer wecken,

So muß es auch der besten würdig sein.

Alfonsen bin ich schuldig, was ich tat;

Nun möcht ich ihm auch die Vollendung danken.

Antonio:

Und eben dieser Fürst ist hier, mit andern,

Die dich so gut als Römer leiten können.

Vollende hier dein Werk, hier ist der Platz,

Und um zu wirken, eile dann nach Rom.

Tasso: Alfons hat mich zuerst begeistert, wird

Gewiß der letzte sein, der mich belehrt,

Und deinen Rat, den Rat der klugen Männer,

Die unser Hof versammelt, schätz ich hoch.

Ihr sollt entscheiden, wenn mich ja zu Rom

Die Freunde nicht vollkommen überzeugen.

Doch diese muß ich sehn. Gonzaga hat

Mir ein Gericht versammelt, dem ich erst

Mich stellen muß. Ich kann es kaum erwarten.

Flaminio de’ Nobili, Angelio

Da Barga, Antoniano und Speron Speroni!

Du wirst sie kennen. – Welche Namen sind’s!

Vertraun und Sorge flößen sie zugleich

In meinen Geist, der gern sich unterwirft.

Antonio:

Du denkst nur dich und denkst den Fürsten nicht.

Ich sage dir, er wird dich nicht entlassen;

Und wenn er’s tut, entläßt er dich nicht gern.

Du willst ja nicht verlangen, was er dir

Nicht gern gewähren mag. Und soll ich hier

Vermitteln, was ich selbst nicht loben kann?

Tasso:

Versagst du mir den ersten Dienst, wenn ich

Die angebotne Freundschaft prüfen will?

Antonio:

Die wahre Freundschaft zeigt sich im Versagen

Zur rechten Zeit, und es gewährt die Liebe

Gar oft ein schädlich Gut, wenn sie den Willen

Des Fordernden mehr als sein Glück bedenkt.

Du scheinest mir in diesem Augenblick

Für gut zu halten, was du eifrig wünschest,

Und willst im Augenblick, was du begehrst.

Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende,

Was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt.

Es fordert meine Pflicht, soviel ich kann,

Die Hast zu mäß’gen, die dich übel treibt.

Tasso:

Schon lange kenn ich diese Tyrannei

Der Freundschaft, die von allen Tyranneien

Die unerträglichste mir scheint. Du denkst

Nur anders, und du glaubst deswegen

Schon recht zu denken. Gern erkenn ich an:

Du willst mein Wohl; allein verlange nicht,

Daß ich auf deinem Weg es finden soll.

Antonio:

Und soll ich dir sogleich mit kaltem Blut,

Mit voller, klarer Überzeugung schaden?

Tasso:

Von dieser Sorge will ich dich befrein!

Du hältst mich nicht mit diesen Worten ab.

Du hast mich frei erklärt, und diese Türe

Steht mir nun offen, die zum Fürsten führt.

Ich lasse dir die Wahl. Du oder ich!

Der Fürst geht fort. Hier ist kein Augenblick

Zu harren. Wähle schnell! Wenn du nicht gehst,

So geh ich selbst, und werd es, wie es will.

Antonio:

Laß mich nur wenig Zeit von dir erlangen

Und warte nur des Fürsten Rückkehr ab!

Nur heute nicht!

Tasso: Nein, diese Stunde noch,

Wenn’s möglich ist! Es brennen mir die Sohlen

Auf diesem Marmorboden; eher kann

Mein Geist nicht Ruhe finden, bis der Staub

Des freien Wegs mich Eilenden umgibt.

Ich bitte dich! Du siehst, wie ungeschickt

In diesem Augenblick ich sei, mit meinem Herrn

Zu reden; siehst – wie kann ich das verbergen –,

Daß ich mir selbst in diesem Augenblick,

Mir keine Macht der Welt gebieten kann.

Nur Fesseln sind es, die mich halten können!

Alfons ist kein Tyrann, er sprach mich frei.

Wie gern gehorcht ich seinen Worten sonst!

Heut kann ich nicht gehorchen. Heute nur

Laßt mich in Freiheit, daß mein Geist sich finde!

Ich kehre bald zu meiner Pflicht zurück.

Antonio:

Du machst mich

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