Ungekürztes Werk "Torquato Tasso" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 8)

gleiches Streben Held und Dichter bindet.

Homer vergaß sich selbst, sein ganzes Leben

War der Betrachtung zweier Männer heilig,

Und Alexander in Elysium

Eilt, den Achill und den Homer zu suchen.

O daß ich gegenwärtig wäre, sie,

Die größten Seelen, nun vereint zu sehen!

Leonore:

Erwach! Erwache! Laß uns nicht empfinden,

Daß du das Gegenwärt’ge ganz verkennst.

Tasso:

Es ist die Gegenwart, die mich erhöht,

Abwesend schein ich nur, ich bin entzückt!

Prinzessin:

Ich freue mich, wenn du mit Geistern redest,

Daß du so menschlich sprichst, und hör es gern.

Ein Page tritt zu dem Fürsten und richtet leise etwas aus.

Alfons:

Er ist gekommen! recht zur guten Stunde.

Antonio! – Bring ihn her – Da kommt er schon!

Vierter Auftritt

Die Vorigen. Antonio.

Alfons:

Willkommen! der du uns zugleich dich selbst

Und gute Botschaft bringst.

Prinzessin: Sei uns gegrüßt!

Antonio:

Kaum wag ich es zu sagen, welch Vergnügen

In eurer Gegenwart mich neu belebt.

Vor euren Augen find ich alles wieder,

Was ich so lang entbehrt. Ihr scheint zufrieden

Mit dem, was ich getan, was ich vollbracht;

Und so bin ich belohnt für jede Sorge,

Für manchen bald mit Ungeduld durchharrten,

Bald absichtsvoll verlornen Tag. Wir haben

Nun, was wir wünschen, und kein Streit ist mehr.

Leonore:

Auch ich begrüße dich, wenn ich schon zürne.

Du kommst nur eben, da ich reisen muß.

Antonio:

Damit mein Glück nicht ganz vollkommen werde,

Nimmst du mir gleich den schönen Teil hinweg.

Tasso:

Auch meinen Gruß! Ich hoffe, mich der Nähe

Des vielerfahrnen Mannes auch zu freun.

Antonio:

Du wirst mich wahrhaft finden, wenn du je

Aus deiner Welt in meine schauen magst.

Alfons:

Wenn du mir gleich in Briefen schon gemeldet,

Was du getan und wie es dir ergangen,

So hab ich doch noch manches auszufragen,

Durch welche Mittel das Geschäft gelang.

Auf jenem wunderbaren Boden will der Schritt

Wohl abgemessen sein, wenn er zuletzt

An deinen eignen Zweck dich führen soll.

Wer seines Herren Vorteil rein bedenkt,

Der hat in Rom gar einen schweren Stand:

Denn Rom will alles nehmen, geben nichts;

Und kommt man hin, um etwas zu erhalten,

Erhält man nichts, man bringe denn was hin,

Und glücklich, wenn man da noch was erhält.

Antonio:

Es ist nicht mein Betragen, meine Kunst,

Durch die ich deinen Willen, Herr, vollbracht.

Denn welcher Kluge fänd im Vatikan

Nicht seinen Meister? Vieles traf zusammen,

Das ich zu unserm Vorteil nutzen konnte.

Dich ehrt Gregor und grüßt und segnet dich.

Der Greis, der würdigste, dem eine Krone

Das Haupt belastet, denkt der Zeit mit Freuden,

Da er in seinen Arm dich schloß. Der Mann,

Der Männer unterscheidet, kennt und rühmt

Dich hoch! Um deinetwillen tat er viel.

Alfons:

Ich freue seiner guten Meinung mich,

Sofern sie redlich ist. Doch weißt du wohl,

Vom Vatikan herab sieht man die Reiche

Schon klein genug zu seinen Füßen liegen,

Geschweige denn die Fürsten und die Menschen.

Gestehe nur, was dir am meisten half!

Antonio:

Gut! wenn du willst: der hohe Sinn des Papsts.

Er sieht das Kleine klein, das Große groß.

Damit er einer Welt gebiete, gibt

Er seinen Nachbarn gern und freundlich nach.

Das Streifchen Land, das er dir überläßt,

Weiß er, wie deine Freundschaft, wohl zu schätzen.

Italien soll ruhig sein, er will

In seiner Nähe Freunde sehen, Friede

Bei seinen Grenzen halten, daß die Macht

Der Christenheit, die er gewaltig lenkt,

Die Türken da, die Ketzer dort vertilge.

Prinzessin:

Weiß man die Männer, die er mehr als andre

Begünstigt, die sich ihm vertraulich nahn?

Antonio:

Nur der erfahrne Mann besitzt sein Ohr,

Der tätige sein Zutraun, seine Gunst.

Er,

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