Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 2)

zuteil.

Das 30. Kapitel

Wie man nach und nach einen Rausch bekommt, und endlich ohnvermerkt blindvoll wird.

Das 31. Kapitel

Wie übel dem Simplicio die Kunst mißlingt, und wie man ihme den klopfenden Passion singt.

Das 32. Kapitel

Handelt abermal von nichts anders als der Säuferei, und wie man die Pfaffen davon soll abschaffen.

Das 33. Kapitel

Wie der Herr Gubernator ein abscheulichen Fuchs geschossen.

Das 34. Kapitel

Wie Simplicius den Tanz verderbt.


das erste buch

Das 1. Kapitel

Vermeldet Simplicii bäurisch Herkommen und gleichförmige Auferziehung.

Es eröffnet sich zu dieser unserer Zeit (von welcher man glaubt, daß es die letzte seie) unter geringen Leuten eine Sucht, in deren die Patienten, wann sie daran krank liegen und so viel zusammengeraspelt und erschachert haben, daß sie neben ein paar Hellern im Beutel ein närrisches Kleid auf die neue Mode, mit tausenderlei seidenen Banden, antragen können, oder sonst etwan durch Glücksfall mannhaft und bekannt worden, gleich rittermäßige Herren und adeliche Personen von uraltem Geschlecht sein wollen; da sich doch oft befindet, daß ihre Voreltern Taglöhner, Karchelzieher und Lastträger, ihre Vettern Eseltreiber, ihre Brüder Büttel und Schergen, ihre Schwestern Huren, ihre Mütter Kupplerinnen, oder gar Hexen, und in Summa, ihr ganzes Geschlecht von allen 32 Ahnen her, also besudelt und befleckt gewesen, als des Zuckerbastels Zunft zu Prag immer sein mögen; ja sie, diese neue Nobilisten, seind oft selbst so schwarz, als wann sie in Guinea geboren und erzogen wären worden.

Solchen närrischen Leuten nun mag ich mich nicht gleichstellen, ob zwar, die Wahrheit zu bekennen, nicht ohn ist, daß ich mir oft eingebildet, ich müsse ohnfehlbar auch von einem großen Herrn, oder wenigst einem gemeinen Edelmann, meinen Ursprung haben, weil ich von Natur geneigt, das Junkern Handwerk zu treiben, wann ich nur den Verlag und den Werkzeug dazu hätte. Zwar ohngescherzt, mein Herkommen und Auferziehung läßt sich noch wohl mit eines Fürsten vergleichen, wann man nur den großen Unterscheid nicht ansehen wollte. Was? Mein Knan (dann also nennet man die Vätter im Spessert) hatte einen eignen Palast, so wohl als ein anderer, ja so artlich, dergleichen ein jeder König mit eigenen Händen zu bauen nicht vermag, sondern solches in Ewigkeit wohl unterwegen lassen wird; er war mit Leimen gemalet und anstatt des unfruchtbaren Schiefers, kalten Blei und roten Kupfers mit Stroh bedeckt, darauf das edel Getreid wächst; und damit er, mein Knan, mit seinem Adel und Reichtum recht prangen möchte, ließ er die Mauer um sein Schloß nicht mit Mauersteinen, die man am Weg findet oder an unfruchtbaren Orten aus der Erden gräbt, viel weniger mit liederlichen gebachenen Steinen, die in geringer Zeit verfertigt und gebrennt werden können, wie andere große Herren zu tun pflegen, aufführen; sondern er nahm Eichenholz dazu, welcher nutzliche edle Baum, als worauf Bratwürste und fette Schinken wachsen, bis zu seinem vollständigen Alter über hundert Jahr erfordert: Wo ist ein Monarch, der ihm dergleichen nachtut? Seine Zimmer, Säle und Gemächer hatte er inwendig vom Rauch ganz erschwarzen lassen, nur darum, dieweil dies die beständigste Farb von der Welt ist und dergleichen Gemäld bis

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