Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 5)

sagt) haben sich dieser Profession nicht geschämt. Apollo hütet Admeti, des Königs in Thessalia, Kühe; Mercurius, sein Sohn Daphnis, Pan und Proteus waren Erzhirten, dahero seind sie noch bei den närrischen Poeten der Hirten Patronen; Mesa, König in Moab, ist, wie man im zweiten Buch der König lieset, ein Hirt gewesen, Cyrus, der gewaltige König Persarum, ist nicht allein von Mithridate, einem Hirten, erzogen worden, sondern hat auch selbst gehütet; Gyges war ein Hirt, und hernach durch Kraft eines Rings ein König. Ismael Sophi, ein persischer König, hat in seiner Jugend ebenmäßig das Viehe gehütet, also daß Philo der Jud in vita Moysis treulich wohl von der Sach redet, wann er sagt: das Hirtenamt sei ein Vorbereitung und Anfang zum Regiment; dann gleichwie die bellicosa und martialia ingenia erstlich auf der Jagd geübt und angeführt werden, also soll man auch diejenige, so zum Regiment gezogen sollen werden, erstlich in dem lieblichen und freundlichen Hirtenamt anleiten. Welches alles mein Knan wohl verstanden haben muß, und mir noch bis auf diese Stund keine geringe Hoffnung zu künftiger Herrlichkeit macht.

Aber indessen wieder zu meiner Herd zu kommen, so wisset, daß ich den Wolf ebensowenig kennet, als meine eigene Unwissenheit selbsten; derowegen war mein Knan mit seiner Instruktion desto fleißiger. Er sagte: »Bub, biß fleißig, loß di Schoff nit ze weit vunananger laffen, un spill wacker uff der Sackpfeifea, daß der Wolf nit kom, und Schada dau, dann he yß a solcher feyerboinigter Schelm un Dieb, der Menscha und Vieha frißt, un wan dau awer farlässj bißt, so will eich dir da Buckel arauma.« Ich antwortet mit gleicher Holdseligkeit: »Knano, sag mir aa, wey der Wolf seyhet? Eich huun noch kan Wolf gesien.« »Ah dau grober Eselkopp«, repliziert er hinwieder, »dau bleiwest dein Lewelang a Narr, geith meich wunner, was auß dir wera wird, bißt schun su a grusser Dölpel, un waist noch neit, was der Wolf für a feyerfeussiger Schelm iß.« Er gab mir noch mehr Unterweisungen und wurde zuletzt unwillig, maßen er mit einem Gebrümmel fort gieng, weil er sich bedunken ließe, mein grober Verstand könnte seine subtile Unterweisungen nicht fassen.

Das 3. Kapitel

Meldet von dem Mitleiden einer getreuen Sackpfeife.

Da fienge ich an mit meiner Sackpfeifen so gut Geschirr zu machen, daß man den Krotten im Krautgarten damit hätte vergeben mögen, also daß ich vor dem Wolf, welcher mir stetig im Sinn lag, mich sicher genug zu sein bedunkte; und weilen ich mich meiner Meuder erinnert (also heißen die Mütter im Spessert und am Vogelsberg) daß sie oft gesagt, sie besorge, die Hühner würden dermaleins von meinem Gesang sterben, als beliebte mir auch zu singen, damit das Remedium wider den Wolf desto kräftiger wäre, und zwar ein solch Lied, das ich von meiner Meuder selbst gelernet hatte:

Du sehr verachter Baurenstand,

Bist doch der beste in dem Land,

Kein Mann dich gnugsam preisen kann,

Wann er dich nur recht siehet an.

Wie stünd es jetzund um die Welt,

Hätt Adam nicht gebaut das Feld,

Mit Hacken nährt sich anfangs der,

Von dem die Fürsten kommen her.

Es ist fast

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