Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 138)
aber merken würde, daß sich einer oder ander von Plutone einnemmen läßt, so wird er die ganze Kongregation, wie in einem Konklave, mit Hunger quälen; und wenn sie noch nicht dran wollen, ein so hohes Werk zu befördern, so wird er ihnen allen vom Henken predigen oder ihnen sein wunderbarlich Schwerd weisen, und sie also erstlich mit Güte, endlich mit Ernst und Bedrohungen dahin bringen, daß sie ad rem schreiten und mit ihren halsstarrigen falschen Meinungen die Welt nicht mehr wie vor alters foppen: Nach erlangter Einigkeit wird er ein groß Jubelfest anstellen und der ganzen Welt diese geläuterte Religion publizieren; und welcher alsdann dawider glaubt, den wird er mit Schwefel und Bech martyrisieren, oder einen solchen Ketzer mit Buchsbaum bestecken und dem Plutone zum Neuen Jahr schenken. Jetzt weißt du, lieber Ganymede, alles was du zu wissen begehrt hast; nun sage mir aber auch, was die Ursach ist, daß du den Himmel verlassen, in welchem du mir so manchen Trunk Nektar eingeschenkt hast?«
Das 6. Kapitel
Was die Legation der Flöh beim Jove verrichtet.
Ich gedachte bei mir selbst: der Kerl dürfte vielleicht kein Narr sein wie er sich stellte, sondern mirs kochen, wie ichs zu Hanau gemacht, um desto besser von uns durchzukommen; gedacht ihn derowegen mit dem Zorn zu probieren, weil man einen Narrn am besten bei solchem erkennet, und sagte: »Die Ursach, daß ich aus dem Himmel kommen, ist, daß ich dich selbst darin manglete, nahm derowegen des Dädali Flügel und flog auf Erden dich zu suchen; wo ich aber nach dir fragte, fand ich, daß man dir aller Orten und Enden ein schlechtes Lob verliehe, dann Zoilus und Moscus haben dich und alle andere Götter in der ganzen weiten Welt vor so verrucht, leichtfertig und stinkend ausgeschrieen, daß ihr beiden Menschen allen Kredit verloren; du selbst, sagen sie, seiest ein filzlausiger ehebrecherischer Hurenhengst; mit was vor Billichkeit du dann die Welt wegen solcher Laster strafen mögest? Vulcanus sei ein gedultiger Hahnrei und habe den Ehebruch Martis ohne sonderbare namhafte Rach müssen hingehen lassen; was der hinkende Gauch dann vor Waffen werde schmieden können? Venus sei selbsten die verhaßte Vettel von der Welt, wegen ihrer Unkeuschheit; was sie denn vor Gnad und Gunst einem andern werde mitteilen können? Mars sei ein Mörder und Räuber; Apollo ein unverschämter Hurenjäger; Mercurius ein unnützer Plauderer, Dieb und Kuppler, Priapus ein Unflat, Hercules ein hirnschelliger Wüterich, und in Summa die ganze Schar der Götter sei so verrucht, daß man sie sonst nirgendshin als in des Augei Stall logieren sollte, welcher ohnedas durch die ganze Welt stinkt.« »Ach!« sagte Jupiter, »wäre es ein Wunder, wenn ich meine Güte beiseitsetzte und diese heillose Ehrendieb und Gotts schändende Verleumder mit Donner und Blitz verfolgte? Was dünkt dich, mein getreuer und allerliebster Ganymede? Soll ich diese Schwätzer mit ewigem Durst plagen wie den Tantalum? oder soll ich sie neben den mutwilligen Plauderer Daphitas auf dem Berg Therace aufhenken lassen? oder sie mit Anaxarcho in einem Mörsel zerstoßen? oder soll ich sie zu Agrigento in Phalaris