Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 204)
dergestalt an darin zu wüten und zu zablen, ja viel ärger zu tun, als ob ichs auf glüende Kohlen geworfen hätte, weil ihm der Branntewein viel zu stark war, und nachdem es so ein kleine Weil getrieben, verreckt es und streckt alle viere von sich. Die Bauren sperrten Maul und Beutel auf, da sie diese so gewisse Prob mit ihren Augen angesehen hatten, da war in ihrem Sinn kein besserer Theriak in der Welt als der meinige, und hatte ich genug zu tun, den Plunder in die Zettel zu wickeln und Geld davor einzunehmen; es waren etliche unter ihnen, die kauftens wohl drei-, vier-, fünf- und sechsfach, damit sie ja auf den Notfall mit so köstlicher Giftlatwerge versehen wären; ja sie kauften auch vor ihre Freund und Verwandte, die an andern Orten wohnten, daß ich also mit der Narrnweis, da doch kein Markttag war, denselben Abend zehen Kronen löste, und doch noch mehr als die Hälfte meiner War behielte. Ich machte mich noch dieselbe Nacht in ein ander Dorf, weil ich sorgte, es möchte etwan auch ein Baur so kurios sein und eine Krott in ein Wasser setzen, meinen Theriak zu probiern, und wenn es denn mißlinge, mir der Buckel geraumt werden. Damit ich aber gleichwohl auch die Vortrefflichkeit meiner Giftlatwerge auf ein andere Manier erweisen könnte, machte ich mir aus Mehl, Safran und Gallus einen gelben Arsenicum, und aus Mehl und Victril einen Mercurium Sublimatum, und wenn ich die Prob tun wollte, hatte ich zwei gleiche Gläser mit frischem Wasser auf dem Tisch, davon das eine ziemlich stark mit Aqua fort oder Spiritus victril vermischt war, in dasselbe zerrührte ich ein wenig von meinem Theriak, und schabte alsdann von meinen beiden Giften so viel als genug war, hinein; davon wurde das eine Wasser, so keinen Theriak und also auch kein Aqua fort hatte, so schwarz wie eine Dinte, das ander aber bliebe wegen des Scheidwassers wie es war. »Ha«, sagten dann die Leut, »seht, das ist fürwahr ein köstlicher Theriak, so um ein gering Gelt!« Wann ich dann beide untereinander gosse, so wurde wieder alles klar, davon zogen dann die gute Bauren ihre Beutel, und kauften mir ab, welches nicht allein meinem hungerigen Magen wohl zupaß kam, sondern ich machte mich auch wieder beritten, prosperierte noch dazu viel Geld auf meiner Reis, und kam glücklich an die teutsche Grenz. Darum, ihr liebe Bauren, glaubt den fremden Marktschreiern so leicht nicht, ihr werdet sonst von ihnen betrogen, als welche nicht euer Gesundheit, sondern euer Geld suchen.
Das 9. Kapitel
Wie dem Doktor die Muskete zuschlägt unter dem Hauptmann Schmalhansen.
Da ich durch Lothringen passierte, gieng mir meine War aus, und weilen ich die Garnisonen scheuete, hatte ich keine Gelegenheit andere zuzurichten, derhalben mußte ich wohl was anders anfangen, bis ich wieder Theriak machen könnte. Ich kaufte mir zwei Maß Branntewein, färbte ihn mit Safran, füllte ihn in halblötige Gläslein, und verkieffe solchen den Leuten vor ein köstlich Güldenwasser, das gut vors Fieber seie, brachte also diesen Branntewein auf 30 Gülden. Und