Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 206)
selbsten und ihrem Mann manchen guten Schmaus zuwegen; ein andere konnte stärken und wäschen, diese wäschten den ledigen Offiziern und Soldaten Hemder, Strümpf, Schlafhosen, und ich weiß nicht was als mehr, davon sie ihre sondere Namen kriegten; andere verkieffen Toback, und versahen der Kerl ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Branntewein, und waren im Ruf, daß sie ihn mit Wasser, so sich von ihnen selbsten distilliert, verfälschten, davon es doch seine Prob nicht verlor; ein andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Mödel machen, damit sie Geld erwarb; ein andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling grasete sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus, und im Herbst wußte sie sonst tausenderlei Schnabelwaid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel, und andere handelten auch mit etwas anders. Solchergestalt nun meine Nahrung zu haben, war nicht vor mich, dann ich hatte schon ein Weib. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser als Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Kameraden das Ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, solche Profession aber war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben etwan ein Handwerk, ich Tropf aber hatte keines gelernt; zwar wenn man einen Musikanten vonnöten gehabt hätte, so wär ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalfe sich nur mit Trommeln und Pfeifen; etliche schillerten vor andere und kamen Tag und Nacht niemal von der Wacht, ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln; etliche brachten sich mit Parteigehen durch, mir aber wurde nicht einmal vor das Tor zu gehen vertraut; etliche konnten besser mausen als Katzen ich aber haßte solche Handierung wie die Pest. In Summa, wo ich mich nur hinkehrte, da konnte ich nichts ergreifen, das meinen Magen hätte stillen mögen. Und was mich am allermeisten verdroß, war dieses, daß ich mich noch dazu mußte foppen lassen, wenn die Bursch sagten: »Solltest du ein Doktor sein und kannst anders eine Kunst, als Hunger leiden.« Endlich zwang mich die Not, daß ich etlich schöne Karpfen aus dem Graben zu mir auf den Wall gaukelte; sobald es aber der Obrist innen wurde, mußte ich den Esel davor reuten, und war mir meine Kunst ferner zu üben bei Henken verbotten. Zuletzt war anderer Unglück mein Glück, dann nachdem ich etliche Gelbsüchtige und ein paar Febrizitanten kurierte, die einen besondern Glauben an mir gehabt haben müssen, wurde mir erlaubt, vor die Festung zu gehen, meinem Vorwand nach, Wurzel und Kräuter zu meinen Arzneien zu sammlen; da richtet ich hingegen den Hasen mit Stricken und hatte das Glück, daß ich die erste Nacht zween bekam; dieselbe bracht ich dem Obristen und erhielte dadurch nicht allein einen Taler zur Verehrung, sondern auch Erlaubnus, daß ich hinaus dürfte gehen, den Hasen nachzustellen, wenn ich die Wacht nit hätte. Weil dann nun das Land ziemlich erödet und niemand war, der diese Tier