Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 285)
Prügel aufgesprungen war) »an diesem Sauerbrunnen, der auf meiner Lägerstatt hervorquillt, könnt ihr merken, wer ich sei; es wäre kein Wunder, ich strafte euch alle, daß euch der Teufel holen möchte! weil ihr so böse Gedanken in Sinn nehmen dürfen«, machte darauf so bedrohliche und erschröckliche Mienen, daß sie sich alle vor mir entsetzten: Doch kam ich gleich wieder zu mir selber, und merkte, was ich vor eine Torheit begieng. »Nein«, gedacht ich, »besser ists den Sauerbrunnen, als das Leben verloren, das du leicht einbüßen kannst, wenn du dich hinder diese Limmel machst«: gab ihnen derhalben wieder gute Wort und sagte, ehe sie sich etwas anders entsinnen konnten: »Stehet auf, und versucht den herrlichen Sauerbrunnen, den ihr und alle Harz- und Holzmacher hinfort in dieser Wildnus meinetwegen zu genießen haben werdet!« Sie konnten sich in mein Gespräch nicht richten, sondern sahen einander an wie lebendige Stockfisch, bis sie sahen, daß ich fein nüchtern aus meinem Hut den ersten Trunk tät; da stunden sie nacheinander vom Feuer auf, darum sie gesessen, besahen das Wunder, und versuchten das Wasser, und anstatt daß sie mir darum hätten dankbar sein sollen, fiengen sie an zu lästern, und sagten: Sie wollten, daß ich mit meinem Sauerbrunnen an ein ander Ort geraten wäre, dann sollte ihre Herrschaft dessen innenwerden, so müßte das ganze Amt Dornstett fronen, und Weg dazu machen, welches ihnen dann ein große Beschwerlichkeit sein würde. »Hingegen« (sagte ich) »habt ihr dessen alle zu genießen eure Hühner, Eier, Butter, Viehe und anders, könnt ihr besser ans Geld bringen.« »Nein nein«, sagten sie, »nein! die Herrschaft setzt einen Wirt hin, der wird allein reich, und wir müssen seine Narren sein, ihm Weg und Steg erhalten, und werden noch kein Dank dazu davon haben!« Zuletzt entzweiten sie sich, zween wollten den Sauerbrunnen behalten und ihrer vier muteten mir zu, ich sollte ihn wieder abschaffen; welches, da es in meiner Macht gestanden wäre, ich wohl ohne sie getan haben wollte, es wäre ihnen gleich lieb oder leid gewesen.
Weil dann nunmehr der Tag vorhanden war und ich nichts mehr da zu tun hatte, zumalen besorgen müßte, wir würden, da es noch lang herumgieng, einander endlich in die Haar geraten, sagte ich: Wenn sie nicht wollten, daß alle Kühe im ganzen Bayersbrunner Tal rote Milch geben sollten, solang der Brunn lieffe, so sollten sie mir alsobald den Weg in Seebach weisen, dessen sie dann wohl zufrieden, und mir zu solchem End zwei mitgaben, weil sich einer allein bei mir förchtete.
Also schiede ich von dannen, und obzwar dieselbe ganze Gegend unfruchtbar war, und nichts als Tannzapfen trug, so hätte ich sie doch noch elender verfluchen mögen, weil ich alle mein Hoffnung daselbst verloren; doch gienge ich stillschweigend mit meinen Wegweisern fort, bis ich auf die Höhe des Gebürgs kam, allwo ich mich dem Geländ nach wieder ein wenig erkennen konnte. Da sagte ich zu ihnen: »Ihr Herren könnt euch euren neuen Sauerbrunnen trefflich zunutz machen, wenn ihr nämlich hingehet und eurer Obrigkeit dessen Ursprung anzeiget, dann da würde es eine