Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 289)

nichts unnützlich verderben oder umbringen sollten. Mit solcher Freundlichkeit brachte er zuwegen, daß ich ihm all meine Beschaffenheit, vornehmlich aber mein Geschlecht und Herkommen vertraute. Darauf verwundert er sich, daß ich mitten im Krieg so unter den Bauren wohnen, und zusehen möchte, daß ein anderer sein Pferd an meinen Zaun binde, da ich doch mit bessern Ehren das meinig an eines andern binden könnte; ich sollte (sagte er) den Degen wieder anhenken, und meine Gaben die mir Gott verliehen hätte, nicht so hinderm Ofen und beim Pflug verschimmlen lassen; er wüßte, wenn ich schwedische Dienst annehmen würde, daß mich meine Qualitäten und Kriegswissenschaften bald hoch anbringen würden: Ich ließe mich hierzu gar kaltsinnig an, und sagte, daß die Beförderung in weitem Feld stünde, wenn einer keine Freund hätte, die einem unter die Arm griffen; hingegen replizierte er, meine Beschaffenheiten würden mir schon beides, Freunde und Beförderung schaffen, überdas zweifle er nicht, daß ich nit Verwandte bei der schwedischen Hauptarmee antreffen würde, die auch etwas gälten, dann bei derselben viel vornehme Schottische von Adel sich befänden; ihm zwar (sagte er ferner) seie vom Torstenson ein Regiment versprochen; wann solches gehalten würde, woran er denn gar nit zweifele, so wollte er mich alsbald zu seinem Obristleutenant machen. Mit solchen und dergleichen Worten machte er mir das Maul ganz wässerig, und weilen noch schlechte Hoffnung auf den Frieden zu machen war und ich deswegen sowohl fernerer Einquartierung als gänzlichen Ruins unterworfen, als resolviert ich mich wiederum mitzumachen, und versprach dem Obristen, mich mit ihm zu begeben, wofern er mir seine Parol halten, und die Obristleutenantstelle bei seinem künftigen Regiment geben wollte.

Also wurde die Glock gegossen; ich ließe meinen Knan oder Petter holen; derselbe war noch mit meinem Vieh zu Bayrischbrunn; dem und seinem Weib verschrieb ich meinen Hof vor Eigentum, doch daß ihn nach seinem Tod mein Bastard Simplicius, der mir vor die Tür gelegt worden, samt aller Zugehörde erben sollte, weil keine eheliche Erben vorhanden; folgends holte ich mein Pferd, und was ich noch vor Geld und Kleinodien hatte, und nachdem ich alle meine Sachen richtig, und wegen Auferziehung erstermeldten meines wilden Sohns Anstalt gemacht, wurde angeregte Blockada unversehens aufgehoben, also daß wir aufbrechen, und zu der Hauptarmee marschieren mußten, ehe wir sichs versahen; ich agierte bei diesem Obristen einen Hofmeister, und erhielte mit seinen Knechten und Pferden ihn und seine ganze Haushaltung mit Stehlen und Rauben, welches man auf soldatisch furagieren nennet.

Die Torstensonische Promessen, mit denen er sich auf meinem Hof so breit gemacht, waren bei weitem nit so groß als er vorgeben, sondern wie mich bedünkte, wurde er vielmehr nur über die Achsel angesehen. »Ach!« sagte er dann gegen mir, »was vor ein schlimmer Hund hat mich bei der Generalität eingehauen, da wird meines Verbleibens nicht lang sein.« Und demnach er argwohnete, daß ich mich bei ihm in die Läng nicht gedulden würde, dichtet er Brief, als wann er in Livland, allwo er dann zu Haus war, ein frisch Regiment zu werben hätte, und überredete mich damit, daß ich gleich

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