Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 296)
ein unerhörtes Ding war, weswegen und anderer Wissenschaften mehr mich dann teils vor einen Zauberer, andere vor einen neuen Heiligen oder Propheten: und aber andere vor einen andern Empedoclem oder Gorgiam Leontinum hielten; als ich aber im besten Tun war, und mich außerhalb der Festung über Nacht in einer Pulvermühl befande, wurde ich von einer Schar Tartarn diebischerweis gestohlen und aufgehoben, welche mich samt andern mehr, so weit in ihr Land hineinführten, daß ich auch das Schafgewächs Borametz nicht allein wachsen sehen konnte, sondern auch davon essen dorfte; diese vertauschten mich mit den niuchischen Tartarn um etliche chinesische Kaufmannswaren, welche mich hernach dem König in Korea, mit welchem sie eben Stillstand der Waffen gemacht hatten, vor ein sonderbares Präsent verehrten; daselbst wurde ich wert gehalten, weil keiner meinesgleichen in Dusecken sich finden ließe, und ich den König lernete, wie er mit dem Rohr auf der Achsel liegend, und den Rucken gegen der Scheibe kehrende, dennoch das Schwarze treffen könnte, weswegen er mir dann auch auf mein untertänigs Anhalten die Freiheit wieder schenkte und mich durch Japonia nach Macao zu den Portugesen gefertigt, die aber meiner wenig achteten; gieng derowegen bei ihnen herum, wie ein Schaf das sich von seiner Herde verirret, bis ich endlich wunderbarlicherweis von etlichen türkischen oder mahometanischen Meerräubern gefangen, und (nachdem sie mich wohl ein ganzes Jahr auf dem Meer bei seltsamen fremden Völkern, so die ostindianische Insulen bewohnen, herumgeschleppt) von denselben etlichen Kaufleuten von Alexandria in Ägypten verhandelt wurde; dieselbe nahmen mich mit ihren Kaufmannswaren mit sich nach Konstantinopel, und weil der türkische Kaiser eben damaln etliche Galeeren wider die Venediger ausrüstete und Mangel an Ruderern erschiene, mußten viel türkische Kaufleut ihre christliche Sklaven, jedoch um bare Bezahlung, hergeben, warunder ich mich dann als ein junger starker Kerl auch befande; also mußte ich lernen rudern, aber solche schwere Dienstbarkeit währet nicht über zween Monat, dann unsere Galeera wurde in Levante von den Venetianern ritterlich übermannet, und ich samt allen meinen Gespanen aus der Türken Gewalt erledigt; als nun besagte Galeera zu Venedig mit reicher Beut und etlichen vornehmen türkischen Gefangnen aufgebracht wurde, war ich auf freien Fuß gestellt, weil ich nach Rom und Loretta pilgerweis wollte, selbige Örter zu beschauen, und Gott um meine Erledigung zu danken; zu solchem Ende bekam ich gar leichtlich einen Paß und von ehrlichen Leuten, sonderlich etlichen Teutschen, eine ziemliche Steur, also daß ich mich mit einem langen Pilger versehen und meine Reis antretten könnte.
Demnach begab ich mich den nächsten Weg auf Rom, allwo mirs trefflich zuschlug, weil ich beides, von Großen und Kleinen viel erbettelte; und nachdem ich mich ungefähr sechs Wochen daselbst aufgehalten, nahme ich meinen Weg mit andern Pilgern, darunter auch Teutsche und sonderlich etliche Schweizer waren, die wieder nach Haus wollten, auf Loretta; von dannen kam ich über den Gotthard durchs Schweizerland wieder auf den Schwarzwald zu meinem Knan, welcher meinen Hof bewahrt, und brachte nichts Besonders mit heim, als einen Bart, der mir in der Fremde gewachsen war.
Ich war drei Jahr und etlich Monat ausgewesen, in