Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 321)
allein Part, sonder auch in unserem Heimat auf seinen Gütern jährlich bei 4 bis 5000 Schaf zu schären hat, also daß es ihm auch kein Cavallier im Land gleich, noch weniger vorzutun vermag; geschweige jetzt Barschaft und der liegenden Güter so er besitzt! auch wißt ihr, daß ich alles seines Vermögens heut oder morgen eineinziger Erbe bin und daß gedachter mein Herr Vatter allerdings auf der Gruben gehet; wer wollte mir dann nun zumuten, daß ich hier als ein Bärnhäuter leben sollte? wäre solches, wann ichs tät, nicht unserer ganzen Nation ein Schand? Ihr Herren, ich bitt, laßt mich in solche Schand nicht geraten, sonder helfet mir aus, wie bisher, mit einem Stück Geld, welches ich euch wieder dankbarlich ersetzen und bis zur Bezahlung mit Kaufmannsinteresse verpensionieren, auch einem jeden insonderheit mit einer solchen Verehrung begegnen will, daß er mit mir zufrieden sein wird.«
Hierüber zogen etliche die Achseln ein und entschuldigten sich, sie hätten derzeit nit übrige Mittel; in Wahrheit aber waren sie ehrlich gesinnet, und wollten des Juli Vattern nit erzürnen; die andere aber gedachten was sie vor einen Vogel zu rupfen bekämen, wann sie den Julum in die Klauen kriegten. »Wer weiß«, sagten sie zu sich selbsten, »wielang der Alte lebt, zudem will ein Sparer ein Verzehrer haben; will ihn der Vatter gleich enterben, so kann er ihm doch das Mütterlich nicht nehmen.« In Summa, diese schossen dem Julo noch 1000 Dukaten dar, warvor er ihnen verpfändet, was sie selbst begehrten, und ihnen jährlich acht pro cento versprach, welches dann alles in bester Form verschrieben wurde; damit reichte Julus nit weit hinaus, dann bis er seine Schulden bezahlte und Avarus sein Part hinwegzwackte, verblieb wenig mehr übrig; maßen er in Bälde wieder entlehnen, und neue Unterpfand geben mußte; welches seinen Vattern von andern Engelländern, die nit interessiert waren, zeitlich avisiert wurde, darüber sich der Alte dergestalt erzürnte, daß er denen so seinem Sohn über sein Ordre Geld geben hätten, eine Protestation insinuieren, und sie seines vorigen Schreibens erinnern, benebens andeuten ließe, daß er ihnen kein Heller wiederum davor gutmachen, sonder sie noch dazu, wann sie wieder in Engelland anlangen würden, als Verderber der Jugend, und die seinem Sohn zu solcher Verschwendung verholfen gewesen, vorm Parlament verklagen wollte; dem Julo selbst aber schriebe er mit eigner Hand, daß er sich hinfüro nit seinen Sohn mehr nennen, noch vor sein Angesicht kommen sollte.
Als solche Zeitungen einlieffen, fieng des Juli Sach abermal an zu hinken; er hatte zwar noch ein wenig Geld, aber viel zu wenig, weder seinen verschwenderischen Pracht hinauszuführen, noch sich auf eine Reis zu mondieren, irgends einem Herrn mit einem paar Pferden im Krieg zu dienen, warzu ihm beides, Hoffart und Verschwendung anhetzte; und weil ihm auch hierzu niemand nichts vorsetzen wollt, flehet er seinen getreuen Avarum an, ihme von dem was er gefunden, die Notdurft vorzustrecken; Avarus antwortet: »Eur Gnaden wissen wohl, daß ich ein armer Schuler bin gewesen, und sonst nichts vermag, als was mir neulich Gott bescherrt.« (Ach heuchlerischer Schalk, gedachte ich, hätt dir das