Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 320)

so viel Geld zusammen, daß ihm angst dabei ward, maßen er nicht wußte wo er damit hin sollte, damit dem Julo sein Untreu verborgen bliebe; ersonne derowegen diese List, ihm ein Aug zu verkleben; er verwechselt zum Teil sein Gold in grobe teutsche silberne Sorten, tät solche in ein großes Felleisen, und kam damit bei nächtlicher Weil vor seines Herren Bett geloffen, mit gelehrten Worten daherlügende oder höchlicher zu reden, dahererzählende, was ihm vor ein Fund geraten wäre. »Gnädiger Herr«, sagte er, »ich stolperte über diese Beut, als ich von etlichen von dero Liebsten Losament gejagt wurde, und wann der Ton des gemünzten Metalls nicht einen andern Klang von sich geben hätte als das Eingewaid eines Abgestorbenen nicht tut, so hätte ich geschworen, ich wäre über einen Toten geloffen«; damit schütte er das Geld aus, und sagt ferner: »Was geben mir Eur Gnaden wohl für ein Rat, daß dies Geld seinem rechtmäßigen Herrn wieder zukommt? ich verhoffe derselbe sollte mir wohl ein stattlich Trinkgeld davon zukommen lassen.« »Narr«, antwortet Julus, »hast du was, so behalts; was bringst du aber vor eine Resolution von der Jungfer?« »Ich konnte«, antwortet Avarus, »diesen Abend mit ihr nicht zu sprechen kommen, weil ich, wie gehört, etlichen mit großer Gefahr entrinnen müssen, und mir dieses Geld ohnversehens zugestanden.« Also behalfe sich Avarus mit Lugen, so gut er konnte, wie es alle junge angehende Dieb zu machen pflegen, wann sie vorgeben, sie haben gefunden, was sie gestohlen.

Eben damal bekam Julus von seinem Vatter Briefe, und in denselbigen einen scharpfen Verweis, daß er so ärgerlich lebe und so schrecklich viel Gelds verschwende; dann er hatte von denen englischen Kaufherrn, die mit ihm korrespondierten und dem Julo jeweils seine Wechsel entrichteten, alles des Juli und seines Avari Tun erfahren, ohne daß dieser seinen Herrn bestohle, jener aber solches nicht merkte; weswegen er sich dann solchergestalt bekümmerte, daß er darüber in ein schwere Krankheit fiel; er schriebe bemeldten Kaufherrn, daß sie forthin seinem Sohn mehrers nicht geben sollten als die bloße Notdurft, die ein gemeiner Edelmann haben müßte, sich in Paris zu behelfen, mit dem Anhang, wofern sie ihm mehr reichen würden, daß er ihnen solches nicht wieder gutmachen wollte: Den Julum aber bedrohet er, wofern er sich nicht bessern und ein ander Leben anstellen würde, daß er ihn alsdann gar enterben und nimmermehr vor keinen Sohn halten wollte.

Julus wurde zwar darüber trefflich bestürzt, faßte aber drum keinen Vorsatz gesparsamer zu leben; und wann er gleich seinem Vattern zu benügen vor den gewöhnlichen großen Ausgaben hätte sein wollen, so wäre es ihm vor diesmal doch ohnmüglich gewesen, weil er schon allbereit viel zu tief in den Schulden stacke; er hätte dann seinen Kredit erstlich bei seinen Kreditoren, und konsequenter auch bei jedermann verlieren wollen, welches ihm aber die Hoffart mächtig widerriete, weil es wider seine Reputation war, die er mit vielem Spendieren erworben; derowegen redet er seine Landsleute an und sagte: »Ihr Herren wißt, daß mein Herr Vatter an vielen Schiffen, die beides, nach Ost- und Westindien gehen nicht

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