Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 324)

tät, war dieses, daß er sich mit einer Dam von ehrlichem Geschlecht verplemperte, folgends selbige seinem Herrn kupplete, und demselben über dreiviertel Jahr den jungen Balg zuschreiben ließe, den er ihr doch selbst angehenkt hatte; und weil sich Julus gar nit entschließen konnte, selbige zu ehelichen, gleichwohl aber ihrer Befreundten halber in Gefahr stehen mußte, tratt der aufrichtige Avarus ins Mittel, ließe sich bereden diejenige wieder zu Ehren zu bringen, deren er ehender und mehr als Julus genossen, und sie selbst zu Fall gebracht, wardurch er abermalen ein namhafts von des Juli Gütern zu sich zwackte, und durch solche Treu seines Herrn Gunst verdoppelte; und dennoch underließe er nit da und dort zu rupfen, solang Pflaumfedern vorhanden, und als es auf die Stupflen losgieng, verschont er deren auch nit.

Einsmals fuhr Julus auf der Thems in einem Lustschiff mit seinen nächsten Verwandten spazieren, unter welchen sich seines Vatters Bruder, ein sehr weiser und verständiger Herr, auch befande; dieser redete damal etwas verträulicher mit ihm als sonsten, und führet ihm mit höflichen Worten und glimpflicher Straf zu Gemüt, daß er keinen guten Haushalter abgeben werde; er sollte sich und das Seinig besser beobachten, als er bishero getan etc., wann die Jugend wüßte, was das Alter braucht, so würde sie eine Dukat ehe hundertmal umkehren als einmal ausgeben etc. Julus lachte drüber, zoge einen Ring vom Finger, warf ihn in die Thems und sagte: »Herr Vetter, sowenig als mir dieser Ring wieder zuhanden kommen mag, so wenig werde ich das Meinig vertun können.« Aber der Alte seufzete und antwortet: »Gemach, gemach Herr Vetter, es läßt sich wohl eines Königs Gut vertun, und ein Brunnen erschöpfen, sehet was Ihr tut!« Aber Julus kehrte sich von ihm, und haßte ihn solcher getreuen Vermahnung wegen mehr, als er ihn darum sollte geliebt haben.

Ohnlängst hernach kamen etliche Kaufherren aus Frankreich, die wollten um das Haubtgut so sie ihm zu Paris vorgesetzt, samt dem Interesse bezahlt sein, weil sie gewisse Zeitung hatten, wie Julus lebte, und daß ihm ein reichbeladenes Schiff, so seine Eltern nach Alexandriam geschickt hatten, von den Seeräubern auf dem Mittelländischen Meer weggenommen worden wäre; er bezahlte sie mit lauter Kleinodien, welches ein gewisse Anzeigung war, daß es mit der Barschaft an die Neige gieng; überdas kam die gewisse Nachricht ein, daß ihm ein ander Schiff am Gestad von Brasilien gescheitert, und ein englische Flott, an deren des Juli Eltern am allermeisten interessiert gewesen, unweit den Molukkischen Insulen von den Holländern zum Teil ruiniert, und der Rest gefangen worden wäre; solches alles wurde bald landkündig, dannenhero ein jeder der etwas an Julum zu prätentieren hatte, sich um die Bezahlung anmeldete, also daß es das Ansehen hatte, als wann ihn das Unglück von allen Enden der Welt her bestreiten wollte; aber alle solche Stürm erschröckten ihn nicht so sehr als sein Koch, der ihm Wunders wegen einen güldenen Ring wiesete, den er in einem Fisch gefunden, weil er denselbigen gleich vor den seinigen erkannte, und sich noch nur zu wohl zu erinnern wußte, mit was vor

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