Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 325)

Worten er denselbigen in die Thems geworfen.

Er war zwar ganz betrübt und beinahe desperat, schämte sich aber doch, vor den Leuten scheinen zu lassen, wie es ihm ums Herz war; indem vernimmt er, daß des enthaubten Königs ältister Prinz mit einer Armee in Schottland ankommen wäre, hätte auch glückliche Sukzeß und gute Hoffnung, seines Herrn Vattern Königreich wiederum zu erobern! solche Okkasion gedachte ihm Julus zunutz zu machen, und seine Reputation dadurch zu erhalten; derowegen mondierte er sich und seine Leut mit demjenigen, so er noch übrig hatte, und brachte ein schöne Compagnia Reuter zusammen, über welche er Avarum zum Leutenant machte und ihm güldene Berge verhieße, daß er mitgienge, alles underm Vorwand, dem Protektor zu dienen; aber als er sich reisfertig befande, gieng er mit seiner Compagnia in schnellem Marsch dem jungen schottischen König entgegen und konjungierte sich mit dessen Corpo, hätte auch wohl gehandelt gehabt, wann es dem König damals geglückt; als aber Cromwell dieselbe Kriegsmacht zerstöbert, entrannen Julus und Avarus kaum mit dem Leben, und dorften sich doch beide nirgends mehr sehen lassen; derowegen mußten sie sich wie die wilde Tier in den Wäldern behelfen, und sich mit Rauben und Stehlen ernähren, bis sie endlich darüber erdappt und gerichtet wurden; Julus zwar mit dem Beil und Avarus mit dem Strang, welchen er vorlängst verdient hatte.

Hierüber kam ich wieder zu mir selber, oder erwachte aufs wenigst aus dem Schlaf und gedachte meinem Traum oder Geschichte nach; hielte endlich dafür, daß die Freigebigkeit leichtlich zu einer Verschwendung, und die Gesparsamkeit leichtlich zum Geiz werden könne, wann die Weisheit nit vorhanden, welche Freigebigkeit und Gesparsamkeit durch Mäßigkeit regiere und im Zaum halte. Ob aber der Geiz oder die Verschwendung den Preis davongetragen, kann ich nit sagen, glaube aber wohl, daß sie noch täglich miteinander zu Felde liegen, und um den Vorzug streiten.

Das 9. Kapitel

Baldanders kommt zu Simplicissimo und lernet ihn mit Mobilien und Immobilien reden und selbige verstehen.

Ich spazierte einsmals im Wald herumber meinen eitelen Gedanken Gehör zu geben, da fande ich ein steinerne Bildnus liegen in Lebensgröße, die hatte das Ansehen als wann sie irgendseine Statua eines alten teutschen Helden gewesen wär, dann sie hatte ein altfränkische Tracht von romanischer Soldatenkleidung, vornen mit einem großen Schwabenlatz, und war meinem Bedunken nach überaus künstlich und natürlich ausgehauen; wie ich nun so da stunde, das Bild betrachtete und mich verwundert, wie es doch in diese Wildnus kommen sein möchte, kam mir in Sinn, es müßte irgends auf diesem Gebürg vor langen Jahren ein heidnischer Tempel gestanden, und dieses der Abgott darinnen gewesen sein; sahe mich derowegen um, ob ich nichts mehr von dessen Fundament sehen kunndte, wurde aber nichts dergleichen gewahr, sonder, dieweil ich einen Hebel fande, den etwan ein Holzhaur liegen lassen, nahme ich denselben und stunde an diese Bildnus, sie umzukehren, um zu sehen, wie sie auf der andern Seiten eine Beschaffenheit hätte; ich hatte aber derselben den Hebel kaum unterm Hals gesteckt, und zu lupfen angefangen, da fieng sie selbst an sich zu regen und zu

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