Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 52)

»Je pète« zugleich dreimal heimlich sagen; als aber der ungeheure Gespan, der zum Hindern hinauswischte, wider mein Verhoffen so greulich tönete, wußte ich vor Schrecken nit mehr was ich täte: mir wurde einstmals so bang, als wenn ich auf der Leiter am Galgen gestanden wäre und mir der Henker bereits den Strick hätte anlegen wollen, und in solcher gählingen Angst so verwirret, daß ich auch meinen eigenen Gliedern nicht mehr befehlen konnte, maßen mein Maul in diesem urplötzlichen Lärmen auch rebellisch wurde und dem Hindern nichts bevorgeben, noch gestatten wollte, daß er allein das Wort haben, es aber, das zum Reden und Schreien erschaffen, seine Reden heimlich brummlen sollte; derowegen ließe solches dasjenige, so ich heimlich zu reden im Sinn hatte, dem Hindern zu Trutz überlaut hören, und zwar so schröcklich, als wann man mir die Kehl hätte abstechen wollen: Je greulicher der Unterwind knallete, je grausamer das »Je pète« oben herausfuhr, gleichsam als ob meines Magens Ein- und Ausgang einen Wettstreit miteinander gehalten hätten, welcher unter ihnen beiden die schröcklichste Stimm von sich zu donnern vermöchte. Hierdurch bekam ich wohl Linderung in meinem Eingeweid, dagegen aber einen ungnädigen Herrn an meinem Gouverneur; seine Gäst wurden über diesem unversehenen Knall fast wieder alle nüchtern, ich aber, weil ich mit aller meiner angewandten Mühe und Arbeit keinen Wind bannen können, in eine Futterwanne gespannet, und also zer­karbeitscht, daß ich noch bis auf diese Stund daran gedenke. Solches waren die erste Pastonaden, die ich kriegte, seit ich das erstemal Luft geschöpft, weil ich denselben so abscheulich verderbt hatte, in welchem wir doch gemeinschaftlicherweis leben müssen. Da brachte man Rauchtäfelein und Kerzen, und die Gäst suchten ihre Bisemknöpf und Balsambüchslein, auch sogar ihren Schnupftoback hervor, aber die beste Aromata wollten schier nichts erklecken. Also hatte ich von diesem Actu, den ich besser als der beste Komödiant in der Welt spielte, Friede in meinem Bauch, hingegen Schläg auf den Buckel, die Gäst aber ihre Nasen voller Gestank, und die Aufwarter ihre Mühe, wieder einen guten Geruch ins Zimmer zu machen.

Das 32. Kapitel

Handelt abermal von nichts anders als der Säuferei, und wie man die Pfaffen davon soll abschaffen.

Wie dies vorüber, mußte ich wieder aufwarten wie zuvor; mein Pfarrer war noch vorhanden und wurde sowohl als andere zum Trunk genötiget, er aber wollte nicht recht daran, sondern sagte: Er möchte so bestialisch nicht saufen; hingegen erwiese ihm ein guter Zechbruder, daß er, Pfarrer, wie eine Bestia, er der Säufer und andere Anwesende aber wie Menschen söffen. »Dann«, sagte er, »ein Vieh säuft nur so viel als ihm wohl schmecket und den Durst lescht, weil sie nicht wissen was gut ist, noch den Wein trinken mögen; uns Menschen aber beliebt, daß wir uns den Trunk zunutz machen und den edlen Rebensaft einschleichen lassen, wie unser Voreltern auch getan haben.« »So wohl«, sagt der Pfarrer, »es gebührt mir aber rechte Maß zu halten.« »Wohl«, antwort jener, »ein ehrlicher Mann hält sein Wort«, und ließ ihm darauf einen mäßigen Becher einschenken, denselben dem Pfarrer zuzuzottlen; er

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