Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 54)
das; du Schuft, la, la, lang, langs Lavor, ich m, mu, muß e, ein Fu Fuchs schießen!« Ich eilete und brachte das Lavorbecken, und als ich zu ihm kame, hatte er ein Paar Backen wie ein Trompeter; er erwischte mich geschwind bei dem Arm und akkommodierte mich zu stehen, daß ich ihm das Lavor gerad vors Maul halten mußte, solches brach ihme mit schmerzlichen Herzstößen ohnversehens auf und gosse eine solche wüste Materi in bemeldtes Lavor, daß mir vor unleidenlichem Gestank schier ohnmächtig wurde, sonderlich weil mir etliche Brocken (sal. ven.) ins Gesicht spritzten: Ich hätte beinahe auch mitgemacht, aber als ich sahe, er verbleichte, ließe ichs aus Forcht unterwegen und besorgte, die Seel würde ihm samt dem Unflat durchgehen, weil ihm der kalte Schweiß ausbrach, und sein Angesicht einem Sterbenden ähnlich sahe: Als er sich aber gleich wieder erholte, hieß er mich frisch Wasser holen, damit er seinen Weinschlauch wieder ausspülete.
Demnach befahl er mir den Fuchs hinwegzutragen, welcher mich, weil er in einem silbern Lavor lag, nichts Verächtliches, sondern ein Schüssel voller Voressen vor vier Mann zu sein bedünkt, das sich beileib nicht hinwegzuschütten gebührte; zudem wußte ich wohl, daß mein Herr nichts Schlimmes in seinen Magen gesammlet, sondern herrliche und delikate Pastetlein, wie auch von allerhand Gebaches, Geflügel, Wildpret und zahmen Viehe, welches man alles noch artlich unterscheiden und kennen konnte. Ich schummelte mich damit, wußte aber nicht wohin, oder was ich draus machen sollte, dorfte auch meinen Herrn nicht fragen. Ich gieng zum Hofmeister, dem wiese ich dieses schöne Traktament, und fragte, was ich mit dem Fuchs machen sollte? Er antwortet: »Narr gehe, und bring ihn dem Kirschner, daß er den Balg bereite!« Ich fragte, wo der Kirschner seie? »Nein«, antwortet er, da er mein Einfalt sahe, »bring ihn dem Doktor, damit er daran sehe, was vor ein Zustand unser Herr habe.« Solchen Aprilengang hätte ich getan, wann der Hofmeister nicht was anders geförcht hätte; er ließ mich derowegen den Bettel in die Küche tragen, mit Befelch, die Mägd solltens aufheben und ein Pfeffer drüber machen, welches ich ernstlich ausrichtet, und deswegen von den Schleppsäcken mächtig agiert worden.
Das 34. Kapitel
Wie Simplicius den Tanz verderbt.
Mein Herr gieng eben aus, als ich meines Lavors los worden; ich trat ihm nach, gegen einem großen Haus zu, allwo ich im Saal Männer, Weiber und ledige Personen so schnell untereinander herumhaspeln sahe, daß es frei wimmelte; die hatten ein solch Getreppel und Gejöhl, daß ich vermeinte, sie wären alle rasend worden, dann ich konnte nicht ersinnen, was sie doch mit diesem Wüten und Toben vorhaben möchten? ja ihr Anblick kam mir so grausam, förchterlich und schröcklich vor, daß mir alle Haar gen Berg stunden, und konnte nichts anders glauben, als sie müßten aller ihrer Vernunft beraubt sein: Da wir näher hinzukamen, sahe ich, daß es unsere Gäst waren, welche den Vormittag noch witzig gewesen; »mein Gott!« gedacht ich, »was haben doch diese arme Leut vor? Ach, es hat sie gewißlich eine Unsinnigkeit überfallen.« Bald fiele mir ein, es möchten vielleicht