Ungekürztes Werk "Das Wirtshaus im Spessart" von Wilhelm Hauff (Seite 11)

sich verneigte und lächelte.

»Denn er kommt doch nicht mehr gut zu Pferde fort«, sprach Kuno ganz ruhig weiter; »der Pater Josef nämlich, der Schloßkaplan. Ich will ihn zu mir nehmen; er ist mein alter Lehrer, und wir haben es so abgemacht, als ich Zollern verließ. Will auch unten am Berg die alte Frau Feldheimerin mitnehmen. Lieber Gott, sie ist jetzt steinalt und hat mir einst das Leben gerettet, als ich zum erstenmal ausritt mit meinem seligen Vater; habe ja Zimmer genug in Hirschberg, und dort soll sie sterben.« Er sprach es und ging durch den Hof, um den Pater Schloßkaplan zu holen.

Aber der Junker Wolf biß vor Grimm die Lippen zusammen, die Frau Gräfin wurde gelb vor Ärger, und der Kleine Schalk lachte laut auf: »Was gebt ihr mir für meinen Gaul, den ich von ihm geschenkt kriege?« fragte er. »Bruder Wolf, gib mir deinen Harnisch, den er dir gegeben, dafür. Ha, ha, ha, den Pater und die alte Hexe will er zu sich nehmen? Das ist ein schönes Paar; da kann er nun vormittags Griechisch lernen beim Kaplan und nachmittags Unterricht im Hexen nehmen bei der Frau Feldheimerin. Ei, was macht doch der Dumme Kuno für Streiche!«

»Er ist ein ganz gemeiner Mensch«, erwiderte die Frau Gräfin, »und du solltest nicht darüber lachen, Kleiner Schalk; das ist eine Schande für die ganze Familie, und man muß sich ja schämen vor der ganzen Umgegend, wenn es heißt, der Graf von Zollern hat die alte Hexe, die Feldheimerin, abgeholt in einer prachtvollen Sänfte und Maulesel dabei, und er läßt sie bei sich wohnen. Das hat er von seiner Mutter, die war auch immer so gemein mit Kranken und schlechtem Gesindel. Ach, sein Vater würde sich im Sarg wenden, wüßte er es.«

»Ja«, setzte der Kleine Schalk hinzu, »der Vater würde noch in der Gruft sagen: ›Weiß schon, dummes Zeug!‹ «

»Wahrhaftig, da kommt er mit dem alten Mann und schämt sich nicht, ihn selbst unter dem Arm zu führen!« rief die Frau Gräfin mit Entsetzen. »Kommt, ich will ihm nicht mehr begegnen.«

Sie entfernten sich, und Kuno geleitete seinen alten Lehrer bis an die Brücke und half ihm selbst in die Sänfte; unten aber am Berg hielt er vor der Hütte der Frau Feldheimerin und fand sie schon fertig, mit einem Bündel voll Gläschen und Töpfchen und Tränklein und anderem Gerät nebst ihrem Buchsbaumstöcklein einzusteigen.

Es kam übrigens nicht also, wie die Frau Gräfin von Zollern in ihrem bösen Sinn hatte voraussehen wollen. In der ganzen Umgegend wunderte man sich nicht über den Ritter Kuno. Man fand es schön und löblich, daß er die letzten Tage der alten Frau Feldheimerin aufheitern wollte, man pries ihn als einen frommen Herrn, weil er den Pater Josef in sein Schloß aufgenommen hatte. Die einzigen, die ihm gram waren und auf ihn schmähten, waren seine Brüder und die Gräfin. Aber nur zu ihrem eigenen Schaden, denn man nahm allgemein ein Ärgernis an so unnatürlichen Brüdern, und zur Wiedervergeltung ging die Sage, daß sie mit ihrer Mutter schlecht und in beständigem

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