Ungekürztes Werk "Das Wirtshaus im Spessart" von Wilhelm Hauff (Seite 12)

Hader leben und unter sich selbst sich alles mögliche zuleide tun.

Graf Kuno von Zollern-Hirschberg machte mehrere Versuche, seine Brüder mit sich auszusöhnen, denn es war ihm unerträglich, wenn sie oft an seiner Feste vorbeiritten, aber nie einsprachen, wenn sie ihm in Wald und Feld begegneten und ihn kälter begrüßten als einen Landfremden. Aber seine Versuche schlugen fehl, und er wurde überdies noch von ihnen verhöhnt.

Eines Tages fiel ihm noch ein Mittel ein, wie er vielleicht ihre Herzen gewinnen könnte, denn er wußte, sie waren geizig und habgierig. Es lag ein Teich zwischen den drei Schlössern, beinahe in der Mitte, jedoch so, daß er noch in Kunos Revier gehörte. In diesem Teich befanden sich aber die besten Hechte und Karpfen der ganzen Umgegend, und es war für die Brüder, die gerne fischten, ein nicht geringer Verdruß, daß ihr Vater vergessen hatte, den Teich auf ihr Teil zu schreiben. Sie waren zu stolz, um ohne Vorwissen ihres Bruders dort zu fischen, und doch mochten sie ihm auch kein gutes Wort geben, daß er es ihnen erlauben möchte. Nun kannte er aber seine Brüder, daß ihnen der Teich am Herzen liege; er lud sie daher eines Tages ein, mit ihm dort zusammenzukommen.

Es war ein schöner Frühlingsmorgen, als beinahe in demselben Augenblick die drei Brüder von den drei Burgen dort zusammenkamen. »Ei, sieh da«, rief der Kleine Schalk, »das trifft sich ordentlich! Ich bin mit Schlag sieben Uhr von Schalksberg weggeritten.«

»Ich auch.« – »Und ich«, antworteten die Brüder vom Hirschberg und von Zollern.

»Nun, da muß der Teich hier gerade in der Mitte liegen«, fuhr der Kleine fort. »Es ist ein schönes Wasser.«

»Ja, und ebendarum habe ich euch hierher beschieden. Ich weiß, ihr seid beide große Freunde vom Fischen, und obgleich ich auch zuweilen gerne die Angel auswerfe, so hat doch der Weiher Fische genug für drei Schlösser, und an seinen Ufern ist Platz genug für unser drei, selbst wenn wir alle auf einmal zum Angeln kämen. Darum will ich von heute an, daß dieses Wasser Gemeingut für uns sei, und jeder von euch soll gleiche Rechte daran haben wie ich.«

»Ei, der Herr Bruder ist ja gewaltig gnädig gesinnt«, sprach der Kleine Schalk mit höhnischem Lächeln; »gibt uns wahrhaftig sechs Morgen Wasser und ein paar hundert Fischlein! Nu – und was werden wir dagegen geben müssen? Denn umsonst ist der Tod!«

»Umsonst sollt ihr ihn haben«, sagte Kuno. »Ach, ich möchte euch ja nur zuweilen an diesem Teiche sehen und sprechen; sind wir doch eines Vaters Söhne.«

»Nein«, erwiderte der vom Schalksberg, »das ginge schon nicht, denn es ist nichts Einfältigeres, als in Gesellschaft zu fischen; es verjagt immer einer dem andern die Fische. Wollen wir aber Tage ausmachen – etwa Montag und Donnerstag du, Kuno, Dienstag und Freitag Wolf, Mittwoch und Sonnabend ich –, so ist es mir ganz recht.«

»Mir nicht einmal dann!« rief der finstere Wolf. »Geschenkt will ich nichts und will auch mit niemand teilen. Du hast recht, Kuno, daß du uns den Weiher anbietest, denn wir haben eigentlich alle drei gleichen Anteil daran;

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