Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 162)

auch zugleich meine sündige Schwachheit und die Strafe des Himmels. – Nur schnelle Flucht konnte mich retten, und ich beschloß mit dem frühesten Morgen mich auf den Weg zu machen.

Schon war beinahe die Nacht eingebrochen, als die Hausglocke des Klosters stark angezogen wurde. Bald darauf trat der Herr Bruder Pförtner in meine Zelle und berichtete, daß ein seltsam gekleideter Mann durchaus begehre, mich zu sprechen. Ich ging nach dem Sprechzimmer, es war Belcampo, der nach seiner tollen Weise auf mich zusprang, bei beiden Armen mich packte und mich schnell in einen Winkel zog. »Medardus«, fing er leise und eilig an, »Medardus, du magst es nun anstellen, wie du willst, um dich zu verderben, die Narrheit ist hinter dir her auf den Flügeln des Westwindes, Südwindes oder auch Südsüdwests oder sonst und packt dich, ragt auch nur noch ein Zipfel deiner Kutte hervor aus dem Abgrunde, und zieht dich herauf! – O Medardus, erkenne das, erkenne, was Freundschaft ist, erkenne, was Liebe vermag, glaube an David und Jonathan, liebster Kapuziner!« – »Ich habe Sie als Goliath bewundert«, fiel ich dem Schwätzer in die Rede, »aber sagen Sie mir schnell, worauf es ankommt – was Sie zu mir hertreibt?« – »Was mich hertreibt?« sprach Belcampo: »Was mich hertreibt? – Wahnsinnige Liebe zu einem Kapuziner, dem ich einst den Kopf zurechtsetzte, der umherwarf mit blutig goldenen Dukaten – der Umgang hatte mit scheußlichen Revenants – der, nachdem er was weniges gemordet hatte, die Schönste der Welt heiraten wollte, bürgerlicher- oder vielmehr adligerweise.« – »Halt ein«, rief ich, »halt ein, du grauenhafter Narr! Gebüßt habe ich schwer, was du mir vorwirfst im freveligen Mutwillen.« – »O Herr«, fuhr Belcampo fort, »noch ist die Stelle so empfindlich, wo Euch die feindliche Macht tiefe Wunden schlug? – Ei, so ist Eure Heilung noch nicht vollbracht. – Nun, ich will sanft und ruhig sein wie ein frommes Kind, ich will mich bezähmen, ich will nicht mehr springen, weder körperlich noch geistig, und Euch, geliebter Kapuziner, bloß sagen, daß ich Euch hauptsächlich Eurer sublimen Tollheit halber so zärtlich liebe, und da es überhaupt nützlich ist, daß jedes tolle Prinzip so lange lebe und gedeihe auf Erden, als nur immer möglich, so rette ich dich aus jeder Todesgefahr, in die du mutwilligerweise dich begibst. In meinem Puppenkasten habe ich ein Gespräch belauscht, das dich betrifft. Der Papst will dich zum Prior des hiesigen Kapuzinerklosters und zu seinem Beichtiger erheben. Fliehe schnell, schnell fort von Rom, denn Dolche lauern auf dich. Ich kenne den Bravo, der dich ins Himmelreich spedieren soll. Du bist dem Dominikaner, der jetzt des Papstes Beichtiger ist, und seinem Anhange im Wege! – Morgen darfst du nicht mehr hier sein.« – Diese neue Begebenheit konnte ich gar gut mit den Äußerungen des unbekannten Abbates zusammenreimen; so betroffen war ich, daß ich kaum bemerkte, wie der possierliche Belcampo mich ein Mal über das andere an das Herz drückte und endlich mit seinen gewöhnlichen seltsamen Grimassen und Sprüngen Abschied nahm. –

Mitternacht mochte vorüber sein, als ich die äußere

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