Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 41)
müssen alle Hunde los und in ihre Glieder gehetzt werden, daß sie sich trennen, zerstreuen und euch in den Schuß rennen. Wir drei, Roller, Schweizer und ich, fechten im Gedränge.
Schweizer. Meisterlich, vortrefflich! – Wir wollen sie zusammenwettern, daß sie nicht wissen, wo sie die Ohrfeigen herkriegen. Ich habe wohl ehe eine Kirsche vom Maule weggeschossen. Laß sie nur anlaufen! (Schufterle zupft Schweizern, dieser nimmt den Hauptmann beiseite und spricht leise mit ihm.)
Moor. Schweig!
Schweizer. Ich bitte dich –
Moor. Weg! Er dank es seiner Schande, sie hat ihn gerettet. Er soll nicht sterben, wenn ich und mein Schweizer sterben und mein Roller. Laß ihn die Kleider ausziehen, so will ich sagen, er sei ein Reisender, und ich hab ihn bestohlen – Sei ruhig, Schweizer! Ich schwöre darauf, er wird doch noch gehangen werden.
Pater tritt auf.
Pater (vor sich, stutzt). Ist das das Drachennest? – Mit eurer Erlaubnis, meine Herren! Ich bin ein Diener der Kirche, und draußen stehen Siebenzehnhundert, die jedes Haar auf meinen Schläfen bewachen.
Schweizer. Bravo! bravo! das war wohlgesprochen, sich den Magen warm zu halten.
Moor. Schweig, Kamerad! – Sagen Sie kurz, Herr Pater, was haben Sie hier zu tun?
Pater. Mich sendet die hohe Obrigkeit, die über Leben und Tod spricht. – Ihr Diebe – ihr Mordbrenner – ihr Schelme – giftige Otternbrut, die im Finstern schleicht und im Verborgenen sticht – Aussatz der Menschheit – Höllenbrut – köstliches Mahl für Raben und Ungeziefer – Kolonie für Galgen und Rad –
Schweizer. Hund! hör auf zu schimpfen, oder – (Er drückt ihm den Kolben vors Gesicht.)
Moor. Pfui doch, Schweizer! Du verdirbst ihm ja das Konzept – er hat seine Predigt so brav auswendig gelernt. – Nur weiter, mein Herr! – »für Galgen und Rad?«
Pater. Und du, feiner Hauptmann! Herzog der Beutelschneider! Gaunerkönig! Großmogul aller Schelme unter der Sonne! – Ganz ähnlich jenem ersten abscheulichen Rädelsführer, der tausend Legionen schuldloser Engel in rebellisches Feuer fachte und mit sich hinab in den tiefen Pfuhl der Verdammnis zog – das Zetergeschrei verlassener Mütter heult deinen Fersen nach, Blut saufst du wie Wasser, Menschen wägen auf deinem mörderischen Dolch keine Luftblase auf. –
Moor. Sehr wahr, sehr wahr! Nur weiter!
Pater. Was? Sehr wahr, sehr wahr? Ist das auch eine Antwort?
Moor. Wie, mein Herr? Darauf haben Sie sich wohl nicht gefaßt gemacht? Weiter, nur weiter! Was wollten Sie weiter sagen?
Pater (im Eifer). Entsetzlicher Mensch! hebe dich weg von mir! Picht nicht das Blut des ermordeten Reichsgrafen an deinen verfluchten Fingern? Hast du nicht das Heiligtum des Herrn mit diebischen Händen durchbrochen und mit einem Schelmengriff die geweihten Gefäße des Nachtmahls entwandt? Wie? hast du nicht Feuerbrände in unsere gottesfürchtige Stadt geworfen? und den Pulverturm über die Häupter guter Christen herabgestürzt? (Mit zusammengeschlagenen Händen.) Greuliche, greuliche Frevel, die bis zum Himmel hinaufstinken, das Jüngste Gericht waffnen, daß es reißend daherbricht! reif zur Vergeltung, zeitig zur letzten Posaune!
Moor. Meisterlich geraten bis hieher! Aber zur Sache! Was läßt mir der hochlöbliche Magistrat durch Sie kundmachen?
Pater. Was du nie wert bist zu empfangen. – Schau um dich, Mordbrenner! Was nur dein Auge