Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 49)
Fluß hintrolle, glitsch! so rutscht der Plunder unter mir ab und ich zehn rheinländische Schuh lang hinunter – da lag ich, und wie ich mir eben meine fünf Sinne wieder zurechtsetze, treff ich dir das klarste Wasser im Kies. Genug diesmal für den Tanz, dacht ich, dem Hauptmann wird’s wohl schmecken.
Moor (gibt ihm den Hut zurück und wischt ihm sein Gesicht ab). Sonst sieht man ja die Narben nicht, die die böhmischen Reuter in deine Stirn gezeichnet haben – Dein Wasser war gut, Schweizer – diese Narben stehen dir schön.
Schweizer. Pah, hat noch Platz genug für ihrer dreißig.
Moor. Ja, Kinder – es war ein heißer Nachmittag – und nur einen Mann verloren – mein Roller starb einen schönen Tod. Man würde einen Marmor auf seine Gebeine setzen, wenn er nicht mir gestorben wäre. Nehmet vorlieb mit diesem! (Er wischt sich die Augen.) Wieviel waren’s doch von den Feinden, die auf dem Platz blieben?
Schweizer. Hundertundsechzig Husaren – dreiundneunzig Dragoner, gegen vierzig Jäger – dreihundert in allem.
Moor. Dreihundert für einen! – Jeder von euch hat Anspruch an diesen Scheitel! (Er entblößt sich das Haupt.) Hier heb ich meinen Dolch auf! So wahr meine Seele lebt! Ich will euch niemals verlassen.
Schweizer. Schwöre nicht! Du weißt nicht, ob du nicht noch glücklich werden und bereuen wirst.
Moor. Bei den Gebeinen meines Rollers! Ich will euch niemals verlassen.
Kosinsky kommt.
Kosinsky (vor sich). In dieser Revier herum, sagen sie, werd ich ihn antreffen. – He holla! was sind das für Gesichter? – Sollten’s – wie? wenn’s diese – sie sind’s, sind’s! Ich will sie anreden.
Schwarz. Gebt acht! Wer kommt da?
Kosinsky. Meine Herrn! verzeihen Sie! ich weiß nicht, geh ich recht oder unrecht?
Moor. Und wer müssen wir sein, wenn Sie recht gehn?
Kosinsky. Männer!
Schweizer. Ob wir das auch gezeigt haben, Hauptmann?
Kosinsky. Männer such ich, die dem Tod ins Gesicht sehen und die Gefahr wie eine zahme Schlange um sich spielen lassen, die Freiheit höher schätzen als Ehre und Leben, deren bloßer Name, willkommen dem Armen und Unterdrückten, die Beherztesten feig und Tyrannen bleich macht.
Schweizer (zum Hauptmann). Der Bursche gefällt mir. – Höre, guter Freund! Du hast deine Leute gefunden.
Kosinsky. Das denk ich, und will hoffen, bald meine Brüder. – So könnt ihr mich dann zu meinem rechten Manne weisen, den ich such, euren Hauptmann, den großen Grafen von Moor.
Schweizer (gibt ihm die Hand mit Wärme). Lieber Junge! wir duzen einander.
Moor (näher kommend). kennen Sie auch den Hauptmann?
Kosinsky. Du bist’s – in dieser Miene – wer sollte dich ansehn und einen andern suchen? (Starrt ihn lang an.) Ich habe mir immer gewünscht, den Mann mit dem vernichtenden Blicke zu sehen, wie er saß auf den Ruinen von Karthago – itzt wünsch ich es nicht mehr!
Schweizer. Blitzbub!
Moor. Und was führt Sie zu mir?
Kosinsky. O Hauptmann! mein mehr als grausames Schicksal – ich habe Schiffbruch gelitten auf der ungestümen See dieser Welt, die Hoffnungen meines Lebens hab ich müssen sehen in den Grund sinken, und blieb mir nichts übrig als die marternde Erinnerung ihres Verlustes, die mich wahnsinnig machen würde, wenn ich