Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 52)

Aug mehr gesehen. Hui! schoß mir’s auf, wie der Blitz, ich flieg nach der Stadt, sondiere am Hof – alle Augen wurzelten auf mir, niemand wollte Bescheid geben – endlich entdeck ich sie durch ein verborgenes Gitter im Palast – sie warf mir ein Billettchen zu.

Schweizer. Hab ich’s nicht gesagt?

Kosinsky. Hölle, Tod und Teufel! da stand’s! Man hatte ihr die Wahl gelassen, ob sie mich lieber sterben sehen oder die Maitresse des Fürsten werden wollte. Im Kampf zwischen Ehre und Liebe entschied sie für das zweite, und (lachend) ich war gerettet.

Schweizer. Was tatst du da?

Kosinsky. Da stand ich wie von tausend Donnern getroffen! – Blut! war mein erster Gedanke, Blut! mein letzter. Schaum auf dem Munde, renn ich nach Haus, wähle mir einen dreispitzigen Degen, und damit in aller Jast in des Ministers Haus; denn nur er – er nur war der höllische Kuppler gewesen. Man muß mich von der Gasse bemerkt haben; denn wie ich hinauftrete, waren alle Zimmer verschlossen. Ich suche, ich frage; er sei zum Fürsten gefahren, war die Antwort. Ich mache mich geradenwegs dahin; man wollte nichts von ihm wissen. Ich gehe zurück, sprenge die Türen ein, finde ihn, wollte eben – aber da sprangen fünf bis sechs Bediente aus dem Hinterhalt und entwanden mir den Degen.

Schweizer (stampft auf den Boden). Und er kriegte nichts, und du zogst leer ab?

Kosinsky. Ich ward ergriffen, angeklagt, peinlich prozessiert, infam – merkt’s euch! – aus besonderer Gnade infam aus den Grenzen gejagt; meine Güter fielen als Präsent dem Minister zu, meine Amalia bleibt in den Klauen des Tigers, verseufzt und vertrauert ihr Leben, während daß meine Rache fasten und sich unter das Joch des Despotismus krümmen muß.

Schweizer (aufstehend, seinen Degen wetzend). Das ist Wasser auf unsere Mühle, Hauptmann! Da gibt’s was anzuzünden.

Moor (der bisher in heftigen Bewegungen hin- und hergegangen, springt rasch auf, zu den Räubern). Ich muß sie sehen – Auf! rafft zusammen – du bleibst, Kosinsky! – Packt eilig zusammen!

Die Räuber. Wohin? Was?

Moor. Wohin? Wer fragt, wohin? (Heftig zu Schweizern.) Verräter, du willst mich zurückhalten? Aber bei der Hoffnung des Himmels! –

Schweizer. Verräter ich? – Geh in die Hölle, ich folge dir!

Moor (fällt ihm um den Hals). Bruderherz! Du folgst mir. – Sie weint, sie vertrauert ihr Leben. Auf! hurtig! Alle! Nach Franken! In acht Tagen müssen wir dort sein. (Sie gehen ab.)

Vierter Akt

Erste Szene

Ländliche Gegend um das Moorische Schloß.

Räuber Moor, Kosinsky in der Ferne.

Moor. Geh voran und melde mich! Du weißt doch noch alles, was du sprechen mußt?

Kosinsky. Ihr seid der Graf von Brand, kommt aus Mecklenburg, ich Euer Reutknecht – Sorgt nicht, ich will meine Rolle schon spielen, lebt wohl! (Ab.)

Moor. Sei mir gegrüßt, Vaterlandserde! (Er küßt die Erde.) Vaterlandshimmel! Vaterlandssonne! – und Fluren und Hügel und Ströme und Wälder! Seid alle, alle mir herzlich gegrüßt! – Wie so köstlich wehet die Luft von meinen Heimatgebirgen! wie strömt balsamische Wonne aus euch dem armen Flüchtling entgegen! – Elysium! dichterische Welt! Halt ein, Moor! Dein Fuß wandelt in einem heiligen Tempel.

(Er kommt

Seiten