Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 23)

Stell zum Minister will ich. Ich zuerst will mein Maul auftun – Ich selbst will es angeben. Du hast es vor mir gewußt. Du hättest mir einen Wink geben können. Das Mädel hätt sich noch weisen lassen. Es wäre noch Zeit gewesen – aber nein! – Da hat sich was makeln lassen; da hat sich was fischen lassen! Da hast du noch Holz obendrein zugetragen! – Jetzt sorg auch für deinen Kuppelpelz. Friß aus, was du einbrocktest. Ich nehme meine Tochter in Arm, und marsch mit ihr über die Grenze.

Fünfte Szene

Ferdinand von Walter, stürzt erschrocken und außer Atem ins Zimmer. Die Vorigen.

FERDINAND: War mein Vater da?

LUISE fährt mit Schrecken auf: Sein Vater! allmächtiger Gott!

FRAU schlägt die Hände zusammen: Der Präsident! Es ist aus mit uns!

MILLER lacht voll Bosheit: Gottlob! Gottlob! Da haben wir ja die Bescherung!

FERDINAND eilt auf Luisen zu, und drückt sie stark in die Arme: Mein bist du, und wärfen Höll und Himmel sich zwischen uns.

LUISE: Mein Tod ist gewiß – Rede weiter – Du sprachst einen schrecklichen Namen aus – dein Vater?

FERDINAND: Nichts. Nichts. Es ist überstanden. Ich hab dich ja wieder. Du hast mich ja wieder. O laß mich Atem schöpfen an dieser Brust. Es war eine schreckliche Stunde.

LUISE: Welche? Du tötest mich!

FERDINAND tritt zurück, und schaut sie bedeutend an: Eine Stunde, Luise, wo zwischen mein Herz und dich eine fremde Gestalt sich warf – wo meine Liebe vor meinem Gewissen erblaßte – wo meine Luise aufhörte, ihrem Ferdinand alles zu sein – –

LUISE sinkt mit verhülltem Gesicht auf den Sessel nieder.

FERDINAND geht schnell auf sie zu, bleibt sprachlos mit starrem Blick vor ihr stehen, dann verläßt er sie plötzlich, in großer Bewegung: Nein! Nimmermehr! Unmöglich Lady! Zuviel verlangt! Ich kann dir diese Unschuld nicht opfern – Nein beim unendlichen Gott! ich kann meinen Eid nicht verletzen, der mich laut wie des Himmels Donner aus diesem brechenden Auge mahnt – Lady blick hieher – hieher du Rabenvater – Ich soll diesen Engel würgen? Die Hölle soll ich in diesen himmlischen Busen schütten? Mit Entschluß auf sie zueilend. Ich will sie führen vor des Weltrichters Thron, und ob meine Liebe Verbrechen ist, soll der Ewige sagen. Er faßt sie bei der Hand, und hebt sie vom Sessel. Fasse Mut meine Teuerste! – Du hast gewonnen. Als Sieger komm ich aus dem gefährlichsten Kampf zurück.

LUISE: Nein! Nein! Verhehle mir nichts. Sprich es aus das entsetzliche Urteil. Deinen Vater nanntest du? Du nanntest die Lady? – Schauer des Todes ergreifen mich – Man sagt, sie wird heiraten.

FERDINAND stürzt betäubt zu Luisens Füßen nieder: Mich, Unglückselige!

LUISE nach einer Pause, mit stillem bebenden Ton und schrecklicher Ruhe: Nun – was erschreck ich denn? – Der alte Mann dort hat mir's ja oft gesagt – ich hab es ihm nie glauben wollen. Pause, dann wirft sie sich Millern laut weinend in den Arm. Vater, hier ist deine Tochter wieder – Verzeihung Vater – Dein Kind kann ja nicht dafür, daß dieser Traum so schön war, und – – so fürchterlich

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