Ungekürztes Werk "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller (Seite 25)
sie an.
PRÄSIDENT: Erhielt Sie Versicherungen?
FERDINAND: Vor wenig Augenblicken die feierlichste im Angesicht Gottes.
PRÄSIDENT zornig zu seinem Sohn: Zur Beichte deiner Torheit wird man dir schon das Zeichen geben. Zu Luisen: Ich warte auf Antwort.
LUISE: Er schwur mir Liebe.
FERDINAND: Und wird sie halten.
PRÄSIDENT: Muß ich befehlen, daß du schweigst? – Nahm Sie den Schwur an?
LUISE zärtlich: Ich erwiderte ihn.
FERDINAND mit fester Stimme: Der Bund ist geschlossen.
PRÄSIDENT: Ich werde das Echo hinauswerfen lassen. Boshaft zu Luisen: Aber er bezahlte Sie doch jederzeit bar?
LUISE aufmerksam: Diese Frage verstehe ich nicht ganz.
PRÄSIDENT mit beißendem Lachen: Nicht? Nun! ich meine nur – Jedes Handwerk hat, wie man sagt, seinen goldenen Boden – auch Sie, hoff ich, wird Ihre Gunst nicht verschenkt haben – oder war's Ihr vielleicht mit dem bloßen Verschluß gedient? Wie?
FERDINAND fährt wie rasend auf: Hölle! was war das?
LUISE zum Major mit Würde und Unwillen: Herr von Walter, jetzt sind Sie frei.
FERDINAND: Vater! Ehrfurcht befiehlt die Tugend auch im Bettlerkleid.
PRÄSIDENT lacht lauter: Eine lustige Zumutung! Der Vater soll die Hure des Sohns respektieren.
LUISE stürzt nieder: O Himmel und Erde!
FERDINAND mit Luisen zu gleicher Zeit, indem er den Degen nach dem Präsidenten zückt, den er aber schnell wieder sinken läßt: Vater! Sie hatten einmal ein Leben an mich zu fodern – Es ist bezahlt. Den Degen einsteckend. Der Schuldbrief der kindlichen Pflicht liegt zerrissen da –
MILLER der bis jetzt furchtsam auf der Seite gestanden, tritt hervor in Bewegung, wechselsweis für Wut mit den Zähnen knirschend, und für Angst damit klappernd: Ewr. Exzellenz – Das Kind ist des Vaters Arbeit – Halten zu Gnaden – Wer das Kind eine Mähre schilt, schlägt den Vater ans Ohr, und Ohrfeig um Ohrfeig – Das ist so Tax bei uns – Halten zu Gnaden.
FRAU: Hilf Herr und Heiland! – Jetzt bricht auch der Alte los – über unserm Kopf wird das Wetter zusammenschlagen.
PRÄSIDENT der es nur halb gehört hat: Regt sich der Kuppler auch? – Wir sprechen uns gleich Kuppler.
MILLER: Halten zu Gnaden. Ich heiße Miller, wenn Sie ein Adagio hören wollen – mit Buhlschaften dien ich nicht. Solang der Hof da noch Vorrat hat, kommt die Lieferung nicht an uns Bürgersleut. Halten zu Gnaden.
FRAU: Um des Himmels willen, Mann! Du bringst Weib und Kind um.
FERDINAND: Sie spielen hier eine Rolle mein Vater, wobei Sie sich wenigstens die Zeugen hätten ersparen können.
MILLER kommt ihm näher, herzhafter: Teutsch und verständlich. Halten zu Gnaden. Ewr. Exzellenz schalten und walten im Land. Das ist meine Stube. Mein devotestes Kompliment, wenn ich dermaleins ein pro memoria bringe, aber den ungehobelten Gast werf ich zur Tür hinaus – Halten zu Gnaden.
PRÄSIDENT vor Wut blaß: Was? – Was ist das? Tritt ihm näher.
MILLER zieht sich sachte zurück: Das war nur so meine Meinung, Herr – Halten zu Gnaden.
PRÄSIDENT in Flammen: Ha Spitzbube! Ins Zuchthaus spricht dich deine vermessene Meinung – Fort! Man soll Gerichtsdiener holen. Einige vom Gefolg gehen ab; der Präsident rennt voll Wut durch das Zimmer. Vater ins Zuchthaus – an den Pranger, Mutter und Metze von Tochter! – Die Gerechtigkeit