Ungekürztes Werk "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller (Seite 13)

Ehr, die ihm gebührt, geb ich ihm gern,

Das Recht, das er sich nimmt, verweigr ich ihm.

ATTINGHAUSEN:

Das ganze Land liegt unterm schweren Zorn

Des Königs – Jedes Biedermannes Herz

Ist kummervoll ob der tyrannischen Gewalt

Die wir erdulden – Dich allein rührt nicht

Der allgemeine Schmerz – Dich siehet man

Abtrünnig von den Deinen auf der Seite

Des Landesfeindes stehen, unsrer Not

Hohnsprechend nach der leichten Freude jagen,

Und buhlen um die Fürstengunst, indes

Dein Vaterland von schwerer Geißel blutet.

RUDENZ: Das Land ist schwer bedrängt – Warum mein Oheim?

Wer ist's, der es gestürzt in diese Not?

Es kostete ein einzig leichtes Wort,

Um augenblicks des Dranges los zu sein,

Und einen gnäd'gen Kaiser zu gewinnen.

Weh ihnen, die dem Volk die Augen halten,

Daß es dem wahren Besten widerstrebt.

Um eignen Vorteils willen hindern sie,

Daß die Waldstätte nicht zu Östreich schwören,

Wie ringsum alle Lande doch getan.

Wohl tut es ihnen, auf der Herrenbank

Zu sitzen mit dem Edelmann – den Kaiser

Will man zum Herrn, um keinen Herrn zu haben.

ATTINGHAUSEN:

Muß ich das hören und aus deinem Munde!

RUDENZ: Ihr habt mich aufgefodert, laßt mich enden.

– Welche Person ist's, Oheim, die Ihr selbst

Hier spielt? Habt Ihr nicht höhern Stolz, als hier

Landammann oder Bannerherr zu sein

Und neben diesen Hirten zu regieren?

Wie? Ist's nicht eine rühmlichere Wahl,

Zu huldigen dem königlichen Herrn,

Sich an sein glänzend Lager anzuschließen,

Als Eurer eignen Knechte Pair zu sein,

Und zu Gericht zu sitzen mit dem Bauer?

ATTINGHAUSEN: Ach Uli! Uli! Ich erkenne sie

Die Stimme der Verführung! Sie ergriff

Dein offnes Ohr, sie hat dein Herz vergiftet.

RUDENZ: Ja ich verberg es nicht – in tiefer Seele

Schmerzt mich der Spott der Fremdlinge, die uns

Den Baurenadel schelten – Nicht ertrag ich's,

Indes die edle Jugend ringsumher

Sich Ehre sammelt unter Habsburgs Fahnen,

Auf meinem Erb hier müßig stillzuliegen,

Und bei gemeinem Tagewerk den Lenz

Des Lebens zu verlieren – Anderswo

Geschehen Taten, eine Welt des Ruhms

Bewegt sich glänzend jenseits dieser Berge –

Mir rosten in der Halle Helm und Schild,

Der Kriegstrommete mutiges Getön,

Der Heroldsruf, der zum Turniere ladet,

Er dringt in diese Täler nicht herein,

Nichts als den Kuhreihn und der Herdeglocken

Einförmiges Geläut vernehm ich hier.

ATTINGHAUSEN:

Verblendeter, vom eiteln Glanz verführt!

Verachte dein Geburtsland! Schäme dich

Der uralt frommen Sitte deiner Väter!

Mit heißen Tränen wirst du dich dereinst

Heimsehnen nach den väterlichen Bergen,

Und dieses Herdenreihens Melodie,

Die du in stolzem Überdruß verschmähst,

Mit Schmerzenssehnsucht wird sie dich ergreifen,

Wenn sie dir anklingt auf der fremden Erde.

O mächtig ist der Trieb des Vaterlands!

Die fremde falsche Welt ist nicht für dich,

Dort an dem stolzen Kaiserhof bleibst du

Dir ewig fremd mit deinem treuen Herzen!

Die Welt, sie fodert andre Tugenden,

Als du in diesen Tälern dir erworben.

– Geh hin, verkaufe deine freie Seele,

Nimm Land zu Lehen, werd ein Fürstenknecht,

Da du ein Selbstherr sein kannst und ein Fürst

Auf deinem eignen Erb und freien Boden.

Ach Uli! Uli! Bleibe bei den Deinen!

Geh nicht nach Altorf – O verlaß sie nicht

Die heil'ge Sache deines Vaterlands!

– Ich bin der Letzte meines Stamms. Mein Name

Endet mit mir. Da hängen Helm und Schild,

Die werden sie mir in das Grab mitgeben.

Und muß ich denken bei dem letzten Hauch,

Daß du mein brechend Auge nur erwartest,

Um hinzugehn vor diesen neuen Lehenhof,

Und meine edeln Güter, die ich frei

Von Gott empfing, von Östreich zu empfangen!

RUDENZ:

Vergebens widerstreben wir dem

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