Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 107)
und ließ keine andere Anzeigungen scheinen, als solche, daraus man nichts anders als eine fromme Jungfrau urteilen mochte: Der Rittmeister und sein Knecht lagen in gleichem Spital krank; derowegen befahl er seinem Weib, sie sollte mich besser kleiden lassen, damit sie sich meines garstigen Baurenküttels nicht schämen dürfte. Sie tät mehr als ihr befohlen war, und butzte mich heraus wie ein französische Popp, welches das Feuer bei allen dreien noch mehr schürete, ja es wurde endlich bei ihnen so groß, daß Herr und Knecht eiferigst von mir begehrten, was ich ihnen nit leisten konnte und der Frauen selbst mit einer schönen Manier verweigerte. Zuletzt setzte ihm der Rittmeister vor, eine Gelegenheit zu ergreifen, bei deren er mit Gewalt von mir haben könnte, was ihm doch zu bekommen unmüglich war; solches merkete sein Weib, und weil sie mich noch endlich zu überwinden verhoffte, verlegte sie ihm alle Päß und lieffe ihm alle Ränk ab, also daß er vermeinte, er müsse doll und töricht darüber werden. Einsmals als Herr und Frau schlafen war, stund der Knecht vor dem Wagen, in welchem ich alle Nacht schlafen mußte, klagte mir seine Lieb mit heißen Tränen, und bat ebenso andächtig um Gnad und Barmherzigkeit! Ich aber erzeigte mich härter als ein Stein und gab ihm zu verstehen, daß ich meine Keuschheit bis in Ehestand bewahren wollte; da er mir nun die Ehe wohl tausendmal anbotte und doch nichts anders dagegen vernahm, als daß ich ihn versicherte, daß es unmüglich seie, mich mit ihm zu verehelichen, verzweifelt er endlich gar, oder stellte sich doch aufs wenigst nur so, dann er zoge seinen Degen aus, setzte die Spitz an die Brust, und den Knopf an Wagen, und tät nicht anderst, als wenn sich jetzt erstechen wollte: Ich gedachte, der Teufel ist ein Schelm, sprach ihm derowegen zu und gab ihm Vertröstung, am Morgen frühe einen endlichen Bescheid zu erteilen; davon wurde er kontent und gieng schlafen, ich aber wachte desto länger, dieweil ich meinen seltsamen Stand betrachtete: Ich befand wohl, daß mein Sach in die Länge kein gut tun würde, dann die Rittmeisterin wurde je länger je importuner mit ihren Reizungen, der Rittmeister verwegener mit seinen Zumutungen, und der Knecht verzweifelter in seiner beständigen Liebe; ich wußte mir aber darum nicht aus solchem Labyrinth zu helfen. Ich mußte oft meiner Frau bei hellem Tag Flöh fangen, nur darum, damit ich ihre alabasterweiße Brüst sehen und ihren zarten Leib genug betasten sollte, welches mir, weil ich auch Fleisch und Blut hatte, in die Läng zu ertragen schwer fallen wollte; ließ mich dann die Frau zufrieden, so quälte mich der Rittmeister, und wenn ich vor diesen beiden bei Nacht Ruhe haben sollte, so peinigte mich der Knecht, also daß mich das Weiberkleid viel saurer zu tragen ankam, als meine Narrnkapp; damal (aber viel zu spat) gedachte ich fleißig an meines sel. Herzbruders Weissagung und Warnung und bildete mir nichts anders ein, als daß ich schon würklich in derjenigen Gefängnus, auch Leib- und Lebensgefahr steckte, davon er mir gesagt hatte,