Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 115)

ergieng, ehe er starb, und wie nach dessen Tod der Jäger an seine Stell getretten.

Unsere Wirtin, wollte sie nicht, daß ich sie und ihr ganzes Haus mit meinen Völkern besetzte, so mußte sie mich auch davon entledigen; sie machte ihnen den Prozeß kurz und gut, steckt meine Lumpen in Bachofen und brennet sie so sauber aus wie eine alte Tabackpfeife, also daß ich wieder dies Unziefers halber wie in einem Rosengarten lebte; ja es kann niemand glauben, wie mir so wohl war, daß ich aus dieser Qual war, in welcher ich etlich Monat wie in einem Ameishaufen gesessen; hingegen hatte ich gleich ein ander Kreuz auf dem Hals, weil mein Herr einer von denjenigen Soldaten war, die in Himmel zu kommen getrauen; er ließe sich glatt an seinem Sold genügen und betrübte im übrigen kein Kind; sein ganze Prosperität bestunde in dem, was er mit Wachen verdienet, und von seiner wochentlichen Löhnung erkargte, solches wiewohl es wenig war, hube er höher auf als mancher die orientalische Perlen; einen jeden Blomeuser nähete er in seine Kleider, und damit er deren einige in Vorrat kriegen möchte, mußte ich und sein armes Pferd daran sparen helfen; davon kams, daß ich den treugen Pumpernickel gewaltig beißen und mich mit Wasser, oder wanns wohl gieng, mit dinn Bier behelfen mußte, welches mir ein abgeschmacke Sach war, maßen mir meine Kehl von dem schwarzen truckenen Brod ganz rauch, und mein ganzer Leib ganz mager wurde; wollt ich aber besser fressen, so mochte ich stehlen, aber mit austrücklicher Bescheidenheit, daß er nichts davon innen würde: Seinethalben hätte man weder Galgen, Esel, Henker, Steckenknecht noch Feldscherer bedurft, auch keine Marketender noch Trommelschlager, die den Zapfenstreich getan hätten, dann sein ganzes Tun war fern von Fressen, Saufen, Spielen und allen Duellen; wann er aber irgendshin auf Konvoi, Partei oder sonst einen Anschlag kommandiert wurde, so schlendert er mit dahin, wie ein alt Weib am Stecken. Ich glaube auch gänzlich, wann dieser gute Dragoner solche heroische Soldatentugenden nicht an sich gehabt, daß er mich auch nicht gefangen bekommen hätte, dann er wäre ja meinem Obristleutenant nachgerennt. Ich hatte mich keines Kleids bei ihm zu getrösten, weil er selbst über und über zerflickt dahergieng, gleichsam wie mein Einsiedel; so war sein Sattel und Zeug auch kaum drei Batzen wert und das Pferd von Hunger so hinfällig, daß sich weder Schwed noch Heß vor seinem dauerhaften Nachjagen zu förchten hatte.

Solches alles bewegte seinen Hauptmann, ihn ins Paradeis, ein so genanntes Frauenkloster, auf Salvaguardi zu legen, nicht zwar, als wäre er viel nutz dazu gewesen, sondern damit er sich begrasen und wieder mondieren sollte, vornehmlich aber auch, weil die Nonnen um einen frommen, gewissenhaften und stillen Kerl gebetten hatten. Also ritte er dahin, und ich gieng mit, weil er leider nur ein Pferd hatte. »Botz Glück Simbrecht« (dann er konnte den Namen Simplicius nicht behalten) sagte er unterwegs, »kommen wir in das Paradeis, wie wollen wir fressen!« Ich antwortet: »Der Nam ist ein gut Omen, Gott geb daß der Ort auch so

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