Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 116)
beschaffen seie.« »Freilich«, sagte er (dann er verstunde mich nicht recht) »wenn wir alle Tag zwei Ohmen von dem besten Bier saufen könnten, so wirds uns nicht abgeschlagen, halt dich nur wohl, ich will mir jetzt bald ein braven neuen Mantel machen lassen, alsdann hast du den alten, das gibt dir noch einen guten Rock.« Er nennet ihn recht den alten, dann ich glaub, daß ihm die Schlacht vor Pavia noch gedachte, so gar wetterfärbig und abgeschaben sahe er aus, also daß er mich wenig damit erfreute.
Das Paradeis fanden wir, wie wirs begehrten, und noch darüber; anstatt der Engel schöne Jungfrauen darinnen, welche uns mit Speis und Trank also traktierten, daß ich in Kürze wieder einen glatten Balg bekam; dann da setzte es das fetteste Bier, die beste westfalische Schinken und Knackwürst, wohlgeschmack und sehr delikat Rindfleisch, das man aus dem Salzwasser kochte und kalt zu essen pflegte; da lernete ich das schwarze Brod fingersdick mit gesalzenem Butter schmieren und mit Käs belegen, damit es desto besser rutschte; und wann ich so über einen Hammelskolben kam, der mit Knoblauch gespickt war, und ein gute Kanne Bier daneben stahn hatte, so erquickte ich Leib und Seel, und vergaße all meines ausgestandenen Leids. In Summa, dies Paradeis schlug mir so wohl zu, als ob es das rechte gewest wäre; kein ander Anliegen hatte ich, als daß ich wußte, daß es nicht ewig währen würde, und daß ich so zerlumpt dahergehen mußte.
Aber gleichwie mich das Unglück haufenweis überfiele, da es anfieng mich hiebevor zu reuten, also bedunkte mich auch jetzt, das Glück wollte es wieder wett spielen: Dann als mich mein Herr nach Soest schickte, seine Bagage vollends zu holen, fand ich unterwegs einen Pack und in demselben etliche Ehlen Scharlach zu einem Mantel, samt rotem Sammet zum Futter; das nahm ich mit und verdauschte es zu Soest mit einem Tuchhändler um gemein grünwüllen Tuch zu einem Kleid, samt der Ausstaffierung mit dem Geding, daß er mir solches Kleid auch machen lassen und noch dazu einen neuen Hut aufgeben sollte; und demnach mir nur noch ein Paar neuer Schuh und ein Hemd abgieng, gab ich dem Krämer die silberne Knöpf und Galaunen auch, die zu dem Mantel gehörten, worvor er mir dann schaffte, was ich noch brauchte, und mich also nagelneu herausbutzte. Also kehrte ich wieder ins Paradeis zu meinem Herrn, welcher gewaltig kollerte, daß ich ihm den Fund nicht gebracht hatte, ja er sagte mir vom Brügeln und hätte ein geringes genommen (wann er sich nicht geschämt, und ihm das Kleid gerecht gewesen wäre), mich auszuziehen und das Kleid selbst zu tragen, wiewohl ich mir eingebildet, gar wohl gehandelt zu haben.
Indessen mußte sich der karge Filz schämen, daß sein Jung besser gekleidet war als er selbsten; derowegen ritte er nach Soest, borgte Geld von seinem Hauptmann und mondierte sich damit aufs beste, mit Versprechen, solches von seinen wochentlichen Salvaguardigeldern wiederzuerstatten, welches er auch fleißig tät; er hätte zwar selbsten noch wohl so viel Mittel gehabt, er war aber viel zu schlau, sich