Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 119)

jeglicher meine Freundschaft. Daneben ließe ich mich beides zu Roß und Fuß aufs Parteigehen gebrauchen, dann ich war wohlberitten und schneller auf den Füßen als einer meinesgleichen; und wenn es etwas mit dem Feind zu tun gab, warf ich mich herfür, wie das Bös in einer Wannen, und wollte allzeit vorndran sein; davon wurde ich in kurzer Zeit bei Freunden und Feinden bekannt, und so berühmt, daß beide Teil viel von mir hielten, allermaßen mir die gefährlichste Anschläg zu verrichten und zu solchem End ganze Parteien zu kommandieren anvertraut wurden; da fienge ich an zuzugreifen wie ein Böhm, und wann ich etwas Namhaftes erschnappte, gab ich meinen Offiziern so reiche Part davon, daß ich selbig Handwerk auch an verbottenen Orten treiben dorfte, weil mir überall durchgeholfen wurde. Der General Graf von Götz hatte in Westfalen drei feindliche Garnisonen übriggelassen, nämlich zu Dorsten, Lippstadt und Koesfeld; denen war ich gewaltig molest, dann ich lag ihnen mit geringen Parteien bald hier bald dort schier täglich vor den Toren und erhaschte manche gute Beut; und weil ich überall glücklich durchkam, hielten die Leut von mir, ich könnte mich unsichtbar machen und wäre so fest wie Eisen und Stahl; davon wurde ich geförcht wie die Pest, und schämten sich 30 Mann vom Gegenteil nicht, vor mir durchzugehen, wann sie mich nur mit 15 in der Nähe wußten. Zuletzt kam es dahin, wo nur ein Ort in Kontribution zu setzen war, daß ich solches alles verrichten mußte; davon wurde mein Beutel so groß als mein Nam, meine Offizier und Kameraden liebten ihren Jäger, die vornehmste Parteigänger vom Gegenteil entsetzten sich, und den Landmann hielt ich durch Forcht und Liebe auf meiner Seiten, dann ich wußte meine Widerwärtige zu strafen und die, so mir nur den geringsten Dienst täten, reichlich zu belohnen, allermaßen ich beinahe die Hälfte meiner Beuten wieder verspendierte und auf Kundschaften auslegte. Solcher Ursachen halber gieng keine Partei, keine Konvoi, noch keine Reis aus des Gegenteils Posten, deren Ausfahrt mir nicht zu wissen ward getan; alsdann konjekturiert ich ihr Vorhaben und macht meine Anschläg darauf, und weil ich solche mehrenteils durch Beistand des Glücks wohl ins Werk setzte, verwunderte sich jedweder über meine Jugend, so gar, daß mich auch viel Offizier und brave Soldaten vom Gegenteil nur zu sehen wünschten; daneben erzeigte ich mich gegen meinen Gefangenen überaus diskret, also daß sie mich oft mehr kosteten, als meine Beuten wert waren, und wann ich einem vom Gegenteil, sonderlich den Offiziern, ob ich sie schon nicht kannte, ohne Verletzung meiner Pflicht und Herrndienst ein Courtoisie tun konnte, unterließe ichs nicht.

Durch solch mein Verhalten wäre ich zeitlich zu Offizien befördert worden, wanns meine Jugend nicht verhindert hätte; dann welcher in solchem Alter, als ich trug, ein Fähnlein haben wollte, mußte ein guter von Adel sein; zudem konnte mich mein Hauptmann nicht befördern, weil keine ledige Stellen bei seiner Kompagnie waren, und keinem andern mochte er mich gönnen, weil er an mir mehr als eine melkende Kuhe verloren hätte; doch wurde ich ein Gefreiter. Diese Ehr,

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