Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 13)

vor eine große Gnad und Wohltat es ist, wem du deine Erkantnus mitteilest, und wie gar nichts ein Mensch seie, dem du solche nicht gibst: Ach Herr verleihe mir deinen heiligen Namen also zu ehren, daß ich würdig werde, um diese hohe Gnad so eiferig zu danken, als freigebig du gewest, mir solche zu verleihen: Höre du, Simplici (dann anderst kann ich dich nicht nennen), wann du das Vatterunser betest, so mußt du also sprechen: Vatter unser, der du bist im Himmel, geheiliget werde dein Nam, zukomme uns dein Reich, dein Will geschehe auf Erden wie im Himmel, unser täglich Brod gib uns heut, und –

Simpl.: Gelt du, auch Käs dazu?

Einsiedel: Ach liebes Kind, schweige und lerne, solches ist dir viel nötiger als Käs; du bist wohl ungeschickt, wie dein Meuder gesagt hat, solchen Buben wie du bist, stehet nicht an, einem alten Mann in die Red zu fallen, sondern zu schweigen, zuzuhören und zu lernen. Wüßte ich nur, wo deine Eltern wohneten, so wollte ich dich gerne wieder hinbringen, und sie zugleich lehren, wie sie Kinder erziehen sollten.

Simpl.: Ich weiß nicht, wo ich hin soll, unser Haus ist verbrennet, und mein Meuder hinweggeloffen, und wieder kommen mit dem Ursele, und mein Knan auch, und unser Magd ist krank gewest, und ist im Stall gelegen.

Einsiedel: Wer hat dann das Haus verbrennt?

Simpl.: Ha, es sind so eiserne Männer kommen, die seind so auf Dingern gesessen, groß wie Ochsen, haben aber keine Hörner; dieselbe Männer haben Schafe und Kühe und Säu gestochen, und da bin ich auch weggeloffen, und da ist danach das Haus verbrennt gewest.

Einsiedel: Wo war dann dein Knan?

Simpl.: Ha, die eiserne Männer haben ihn angebunden, da hat ihm unser alte Geiß die Füß geleckt, da hat mein Knan lachen müssen, und hat denselben eisernen Mannen viel Weißpfenning geben, große und kleine, auch hübsche gelbe, und sonst schöne klitzerechte Dinger, und hübsche Schnür voll weiße Kügelein.

Einsiedel: Wann ist dies geschehen?

Simpl.: Ei wie ich der Schaf hab hüten sollen, sie haben mir auch mein Sackpfeife wollen nemmen.

Einsiedel: Wann hast du der Schaf sollen hüten?

Simpl.: Ei hörst dus nicht, da die eiserne Männer kommen sind, und danach hat unser Ann gesagt, ich soll auch weglaufen, sonst würden mich die Krieger mitnehmen, sie hat aber die eiserne Männer gemeinet, und da sein ich weggeloffen, und sein hieherkommen.

Einsiedel: Wo hinaus willst du aber jetzt?

Simpl.: Ich weiß weger nit, ich, will bei dir hier bleiben.

Einsiedel: Dich hier zu behalten, ist weder mein noch dein Gelegenheit, esse, alsdann will ich dich wieder zu Leuten führen.

Simpl.: Ei so sag mir dann auch, was Leut vor Dinger sein?

Einsiedel: Leut seind Menschen wie ich und du, dein Knan, dein Meuder und euer Ann seind Menschen, und wann deren viel beieinander seind, so werden sie Leut genennt.

Simpl.: Haha!

Einsiedel: Nun gehe und esse.

 

Dies war unser Diskurs, unter welchem mich der Einsiedel oft mit den allertiefsten Seufzen anschauete, nicht weiß ich, ob es

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