Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 123)
Ich gedachte: ›Nun, Jäger, jetzt mußt du eine Hatz ausstehen, in welcher dir selbst, wie dem Aktäon, das Fell gewaltig zerrissen wird werden‹; dann der Pfarrer war von meinem Fall erwacht und befohl seiner Köchin, alsbald ein Liecht anzuzünden: Sie kam im Hemd zu mir in die Küchen, hatte den Rock über der Achsel hangen und stunde so nahe neben mich, daß sie mich damit rührte; sie griff nach einem Brand, hielte das Liecht daran, und fieng an zu blasen; ich aber bliese viel stärker zu als sie selbsten, davon das gute Mensch so erschrak, daß sie Feur und Liecht fallen ließe und sich zu ihrem Herrn retirierte. Also bekame ich Luft, mich zu bedenken, durch was Mittel ich mir davonhelfen möchte, es wollte mir aber nichts einfallen: Meine Kameraden gaben mir durchs Kamin herunder zu verstehen, daß sie das Haus aufstoßen und mich mit Gewalt herausnemmen wollten, ich gabs ihnen aber nicht zu, sondern befohl, sie sollten ihr Gewehr in acht nemmen und allein den Springinsfeld oben bei dem Kamin lassen und erwarten, ob ich ohne Lärmen und Rumor davonkommen könnte, damit unser Anschlag nicht zu Wasser würde; wofern aber solches nicht sein möchte, sollten sie alsdenn ihr Bestes tun. Interim schlug der Geistliche selbst ein Liecht an, seine Köchin aber erzählte ihm, daß ein greulich Gespenst in der Küchen wäre, welches zween Köpf hätte (dann sie hatte vielleicht meinen Büschel Haar auf dem Kopf gesehen und auch vor einen Kopf gehalten); das hörete ich alles, machte mich derowegen mit meinen schmutzigen Händen, darin ich Aschen, Ruß und Kohlen riebe, im Angesicht und an Händen so abscheulich, daß ich ohn Zweifel keinem Engel mehr (wie hiebevor die Klosterfrauen im Paradeis sagten) gleichsahe, und der Mesner, wann ers gesehen, mich wohl vor einen geschwinden Maler hätte passieren lassen. Ich fienge an in der Küchen schröcklich zu poldern und allerlei Küchengeschirr untereinander zu werfen; der Kesselring geriet mir in die Händ, den hängte ich an den Hals, den Feuerhacken aber behielt ich in den Händen, mich damit auf den Notfall zu wehren; solches ließe sich aber der fromme Pfaff nicht irren, dann er kam mit seiner Köchin prozessionsweis daher, welche zwei Wachsliechter in den Händen und einen Weihwasserkessel am Arm trug; er selbsten aber war mit dem Chorrock bewaffnet, samt den Stollen, und hatte den Sprengel in der einen und ein Buch in der andern Hand; aus demselben fienge er an mich zu exorzieren, fragende: Wer ich seie und was ich da zu schaffen hätte? Weil er mich dann nun vor den Teufel selbst hielte, so gedachte ich, es wäre billich, daß ich auch wie der Teufel täte, daß ich mich mit Lügen behülfe, antwortet derowegen: »Ich bin der Teufel und will dir und deiner Köchin die Häls umdrehen!« Er fuhr mit seinem Exorcismo weiter fort und hielte mir vor, daß ich weder mit ihm noch seiner Köchin nichts zu schaffen hätte, hieße mich auch mit der allerhöchsten Beschwörung wieder hinfahren, wo ich herkommen wäre; ich aber antwortet mit ganz förchterlicher