Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 125)
Daselbst gedachte ich wieder an den Pfaffen, dem ich den Speck gestohlen hatte; der Leser mag denken, was ich vor einen verwegenen, freveln und ehrgeizigen Kopf hatte, indem mirs nicht genug war, daß ich den frommen Geistlichen bestohlen und so schröcklich geängstiget, sondern ich wollte noch Ehr davon haben; derowegen nahm ich einen Saphir, in einen güldenen Ring gefaßt, den ich auf selbiger Partei erschnappt hatte, und schickte ihn von Rehnen aus durch einen gewissen Botten meinem Pfarrer, mit folgendem Brieflein:
Wohlehrwürdiger, etc. Wenn ich dieser Tagen im Wald noch etwas von Speisen zu leben gehabt hätte, so hätte ich nicht Ursach gehabt, E. Wohl-Ehrw. Ihren Speck zu stehlen, worbei Sie vermutlich sehr erschröckt worden. Ich bezeuge beim Höchsten, daß Sie solche Angst wider meinen Willen eingenommen, hoffe derowegen die Vergebung desto ehender: Was aber den Speck selbst anbelangt, so ists billich, daß selbiger bezahlt werde, schickte derohalben anstatt der Bezahlung gegenwärtigen Ring, den diejenige hergeben, um welcher willen die War ausgenommen werden müssen, mit Bitt, E. Wohl-Ehrw. belieben damit vorliebzunehmen; versichere daneben, daß dieselbe im übrigen auf alle Begebenheit einen dienstfertigen und getreuen Diener hat an dem, den dero Mesner vor keinen Maler hält welcher sonst genannt wird
Der Jäger.
Dem Bauren aber, welchem sie den Bachofen ausgeleert hatten, schickte die Partei aus gemeiner Leut 16 Reichstaler, dann ich hatte sie gelernet, daß sie solchergestalt den Landmann auf ihre Seite bringen müssen, als welche einer Partei oft aus allen Nöten helfen, oder hingegen eine andere verraten, verkaufen und um die Häls bringen könnten. Von Rehnen giengen wir auf Münster, und von dar auf Hamm, und heim nach Soest in unser Quartier, allwo ich nach wenig Tagen ein Antwort von dem Pfaffen empfieng, die also lautet:
Edler Jäger, etc. Wann derjenige, dem Ihr den Speck gestohlen, hätte gewußt, daß Ihr ihme in teuflischer Gestalt erscheinen würdet, hätte er sich nicht so oft gewünscht, den landberuffenen Jäger auch zu sehen: Gleichwie aber das geborgte Fleisch und Brod viel zu teuer bezahlt worden, also ist auch der eingenommene Schrecken desto leichter zu verschmirzen, vornehmlich weil er von einer so berühmten Person wider ihren Willen verursacht worden, deren hiemit allerdings verziehen wird, mit Bitt, dieselbe wolle ein andermal ohne Scheu zusprechen bei dem der sich nicht scheuet, den Teufel zu beschwören. Vale.
Also machte ichs allerorten und überkam dadurch einen großen Ruf, und je mehr ich ausgabe und verspendierte, je mehr flossen mir Beuten zu, und bildet ich mir ein, daß ich diesen Ring, wiewohl er bei 100 Reichstaler wert war, gar wohl angelegt hätte. Aber hiemit hat dieses zweite Buch ein Ende.
Das dritte Buch
Das 1. Kapitel
Wie der Jäger zu weit auf die linke Hand gehet.
Das 2. Kapitel
Der Jäger von Soest schafft den Jäger von Werle ab.
Das 3. Kapitel
Der große Gott Jupiter wird gefangen und eröffnet der Götter Ratschläg.
Das 4. Kapitel
Von dem Teutschen Helden, der die ganze Welt bezwingen, und zwischen allen Völkern Fried stiften wird.
Das 5. Kapitel
Wie er die Religionen miteinander vereinigen und in einen Model gießen wird.
Das 6. Kapitel
Was die Legation der Flöh beim Jove